Doctor Who in der Vergangenheit

Doctor reist mit der T.A.R.D.I.S. durch Zeit und Raum. Zwar reiste sie*er häufiger in Paralleluniversen und die Zukunft denn in die Vergangenheit. Nämlich 41 Mal in den New Who, den seit 2005 produzierten Staffeln (Stand: S13E04). Dabei traf the Doctor in der Vergangenheit auf allerlei bekannte Personen oder Ereignisse der vor allem englischen Geschichte.

Stark neuzeit-lastig sind die Besuche, denn über die Hälfte der Zeitreisen in die Vergangenheit gingen in die Zeit zwischen 1850 und der Gegenwart. Und nur ganze dreimal reiste sie*er in die Antike und das Mittelalter (= bis ca. 1500): Zur Zerstörung von Pompeji mit (79 v. Chr., S04E02), den Wikingern (irgendwann zwischen 800 und 1100; S09E05) und – auch, wenn er es nicht wirklich glaubt – Robin Hood (Ende 13. Jahrhundert; E08S03). Continue reading “Doctor Who in der Vergangenheit”

Das Musikwesen in England 1760-1840

Diese Hausarbeit habe ich im Sommersemester 2011 im Seminar “Fairest Isle, all isles excelling – englische Kultur, Gesellschaft und Lebenswelten 1760-1840” bei Prof. Dr. Josef Johannes Schmid (Geschichte, Uni Mainz) verfasst.

Einleitung

Das pulsierende Londoner Konzertleben um 1800 übertraf selbst jenes von Paris und Wien. In den vielen Theatern und im Sommer zusätzlich in den pleasure gardens – besonders Vauxhall und Ranelagh – wurden Opern und andere musikalische Unterhaltungen regelmäßig und an mehreren Tagen in der Woche gegeben, in der Fastenzeit darüber hinaus Oratorien. Musikliebhaber konnten zwischen konkurrierenden Konzertreihen, italienischer Oper, kunstvoller Musik in Theaterstücken, Maskenspielen und Pantomime wählen.[1]Vgl. Zum blühenden Londoner Konzertleben vor allem: 1) Philip, Robert: London. In: Stanley Sadie (Hg.): New Grove Dictionary of Music and Musicians. Band 15. London ²2001. 2) Holman, Peter: … Continue reading Die reiche Musikkultur wirkte sich auch auf die englischen Kleinstädte aus. In den meisten gab es einen Laienmusikverein, der regelmäßig Orchesterkonzerte gab, in Theatern musikalische Vorstellungen darbot und bei Opernaufführungen mitwirkte. Auch existierte meistens eine Blaskapelle der örtlichen Bürgerwehr als weitere musikalische Gruppierung. Insbesondere Georg Friedrich Händels Werke erfreuten sich einer überbordenden Beliebtheit. Kein Theater konnte es sich leisten, Händel nicht in seinem Programm zu inszenieren. Die Darbietungen seiner Werke waren bis über die 18. Jahrhundertwende hinweg Zuschauermagnete. War Händel seiner Zeit im 17. Jahrhundert einer der wenigen ausländischen Musiker, die nach England reisten und hier sesshaft wurden, kamen seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts immer mehr ausländische Musiker nach London, um ihr Können auch hier unter Beweis zu stellen und um ihre Einkommen über die Sommermonate zu sichern, in denen die Theaterhäuser auf dem Festland geschlossen waren. Wiederum andere Musiker zogen vom europäischen Festland nach England, um dort zu leben und eine Festanstellung zu finden. Die französische und die amerikanische Revolution streiften die Insel nur peripher: Flüchtige Adelige aus Frankreich und den neugegründeten Vereinigten Staaten kamen nach England. Sie wurden von der englischen Oberschicht, den gentry (niederer Adel) und nobility (höherer Adel) aufgenommen. Die demokratische Ideologie schien in England kaum für einen Wandel gesorgt zu haben. Die Revolution, die England direkt und gesellschaftsverändernd traf, war die industrielle Revolution. Die neuen Arbeitsmöglichkeiten durch die technischen Neuerungen zogen große Teile der Landbevölkerung nach London und in die neu entstehenden Städte wie Manchester. So verdoppelte sich während des 18. Jahrhunderts die Bevölkerung in den Städten fast um das Doppelte. Neue Gesellschaftsschichten entstanden: Durch die industrielle Revolution erlangten Unternehmer, Bankiers und andere Kapitalbesitzer Reichtum und Einfluss. In den deutschen Ländern wurden sie unter der Bezeichnung des Wirtschaftsbürgertums zusammengefasst. Durch das Aufblühen der humanistischen Ideale in den Städten entstand eine weitere Gesellschaftsschicht, die sich diese Ideale zu eigen machte, dem Bildungsbürgertum. Beide middle classes, wie sie in England bezeichnet wurden, veränderten die bisher eindeutig getrennten englischen Schichten, der besitzenden Oberschicht und arbeitenden Unterschicht auf dem Land.[2]Zum Wandel der englischen Gesellschaft im 18. und 19. Jahrhundert vgl. Perkin, Harold: The Origins of Modern English Society 1780-1880. London 1969.

Diese Arbeit untersucht, wie sich der Wandel der Gesellschaft auf das englische Musikwesen, vordergründig in London als florierendes Zentrum, zwischen 1760 und 1840 ausgewirkt hat. Daher wird insbesondere auf die Zuschauer und weniger auf die Musiker eingegangen. Dazu wird zunächst die Londoner Musikkultur beispielhaft an den Opern- und Oratorienaufführungen dargestellt, um dann auf das gesellschaftliche Gefüge der Besucher der Opernhäuser einzugehen. Dazu wird zunächst die Oberschicht mit ihren Angewohnheiten präsentiert, um dann den gesellschaftlichen Wandel durch das Subskriptionssystem und der neuen Opernform, der opera buffa, näher zu beleuchten. Folgend wird die Rolle der Musik im privaten Rahmen, im Salon, und ihre soziale Dynamik für Adel und Bürgertum veranschaulicht und die englische Sonderform der glee clubs beschrieben. Die abschließenden Kapitel gehen auf den Wandel in der anglikanischen und katholischen Gottesdienstliturgie und deren Musiker ein.

Für die Untersuchung wurden sowohl zeitgenössische Quellen als auch Sekundärliteratur konsultiert. Leider beschäftigt sich die meiste Literatur vor allem mit der Person und der Musik Händels, doch findet sich weitere Literatur, die sich mit dem gesellschaftlichen Phänomen Musikkultur beschäftigen. Zu diesen gehören die Darstellungen von Fiske „Music in Society” sowie “English Theatre”, Faulstichs “Bürgerliche Mediengesellschaft”, die Aufsätze “Romanticism and music culture in Britain 1770-1840” von Wood und “Italian Opera at the King’s Theatre in the 1760. The Role of the Buffi” von Willaert, aber ganz besonders die Untersuchungen von Hall-Witt in “Fashionable Acts”. Tatsächlich ist die Musikkultur zur Zeit von König George III. und George IV. auch abseits von Händels Oratorien in der englischsprachigen Literatur kein reines Forschungsdesiderat mehr. Außerhalb Englands scheinen sich jedoch nur wenige mit der Musikgeschichte Englands im 18. und 19. Jahrhundert beschäftigt zu haben.

Die Londoner Musikkultur

Das englische Königshaus Hanover war eine sehr musikbegeisterte Familie, die Musiker unterstützte und das Spielen von Instrumenten erlernte. König George II. unterstützte Georg Friedrich Händel und auch sein ihm 1760 auf den Thron folgender Sohn George III. war ein Liebhaber der Händelschen Musik. Er bekam vor seiner Krönung bereits seit einigen Jahren Querflötenunterricht bei Franz Wiedemann. Zudem besuchte er zeitlebens regelmäßig Opern und Oratorien in den Londoner Theatern.[3]Vgl. Blom, Eric: Musik in England. Hamburg [1948]. S. 208. Nachdem George III. in 1785 Luigi Cherubini zum „Komponisten des Königs“ ernannte hatte, besuchte die königliche Familie regelmäßig „Konzerte für Alte Musik“ in den Tottenham Street Rooms.[4]Vgl. Ebd S. 234. Seine Frau Charlotte erlernte ab 1764 das Cembalo-Spiel bei Johann Christian Bach. Ein Kontakt, der durch Carl Friedrich Abel zustande kam. Abel war zu diesem Zeitpunkt bereits Mitglied im königlichen Kammerorchester, der Chapel Royal, in das nun auch Bach aufgenommen wurde.[5]Vgl. Ebd. S. 208. Ein weiteres Mitglied der Chapel Royal, William Boyce, schrieb für die Hochzeit von George III. mit Charlotte einen Anthem.[6]Vgl. Range, Matthias: William Boyce’ Anthem for the Wedding of King George III. In: Musical Times 147 (2006). S. 59-62, insbesondere S. 60. Georges III. und Charlottes ältester Sohn, George Frederic August, Prince of Wales, der spätere George IV., wurde ab 1782 von John Crosdill am Cello unterrichtet.[7]Vgl. Blom, Musik in England. S. 230. Im gleichen Jahr lernte George IV. den drei Jahre jüngeren Komponisten Thomas Attwood kennen, der im Buckingham Palace ein Konzert gab.[8]Vgl. Ebd. S. 230. Zu dem damals 17-jährigen Attwood entwickelte er eine so enge Bekanntschaft, dass dieser nicht nur für ihn  die Krönungsmesse („Ich war froh“) schrieb, sondern auch für die Krönung seines Nachfolgers und Bruders William („O Gott, schenke dem König ein langes Lebens“).[9]Vgl. Ebd. S. 256. George IV. unterhielt während seiner Regierungszeit ein eigenes Kammerorchester, das im Carlton-Haus probte[10]Vgl. Ebd. S. 234. und in das auch John Crossdill aufgenommen wurde. Bach und Abel etablierten in Konzerträumen am Soho Square 1765 bis 1781 eine Konzertreihe, auf der sie nicht nur eigene Kompositionen spielten, sondern auch aktuelle Musik aus den deutschen Ländern.[11]Vgl. Searle, London. Sp. 1467. Wegen der Unterstützung der eingereisten Komponisten kam es im 18. und 19. Jahrhunderts wiederholt zu Unmut innerhalb der englischen Bevölkerung, die den Mäzenen und dem englischen Königshaus ankreideten, ausländische Musiker zu bevorzugen. Der Vorwurf war, dass jene ebenso talentierten englischstämmigen Musikern die Arbeitsstelle wegnehmen würden.[12]Vgl. Holman, Eighteenth-Century English Music. S. 4.

Die Londoner Theater

In London gab es drei königliche Theater, die nach dem Licensing Act von 1737 die Autorisierung besaßen, dramatische Darstellungen, d.h. Opern, zu zeigen.[13]Vgl. Carr, Bruce: Theatre Music: 1800-1834. In: Nicholas Temperley/Charles G. Manns (Hgg.): The Romantic Age. The Blackwell History of Music in Britain. Band 5. Oxford 1988. S. 288. Zur Unterscheidung wurden diese nach der Straße benannt an der sie lagen: Drury Lane, Covent Garden und das King’s Theatre am Haymarket, welches im Besitz des Königs war. Später kam noch das Little Theatre am Haymarket dazu.[14]Vgl. Carr, Theatre Music. S. 288. Hier wurden zwar auch Ballette und divertimenti gegeben, aber nur als afterpiece[15]Vgl. Fiske, Roger: English Theatre Music in the Eighteenth Century. London 1973. S. 259. Dazu gehörten Ballette, Pantomime, Sage, Zauberei o. ä. nach einer Oper oder einem Theaterstück.[16]Vgl. Carr, Theatre Music. S. 289. Als es Ende des 18. Jahrhunderts und zu Beginn des 19. Jahrhunderts in den Londonern Theatern mehrmals brannte und diese nicht bespielbar waren, bekam zeitweise das Pantheon die Lizenz, Opern zeigen zu dürfen.[17]Vgl. Searle, London. Sp.1461; Caldwell, England. S. 48. Alle anderen Theater und pleasure gardens durften bis zum Theatre Regulation Bill von 1843 nur andere Genres wie Melodramen, Burlesken, Ballette und Pantomime zeigen.[18]Vgl. Carr, Theatre Music. S. 289; Faulstich, Werner: Die bürgerliche Mediengesellschaft (1700-1830). Göttingen 2002 (= Geschichte der Medien). S. 253-254. In der Zeit von Oktober bis Juni gab es in den genannten Theatern zwei- bis dreimal wöchentlich Opernaufführungen.[19]Vgl. Caldwell, England. Sp. 50; Hall-Witt, Fashionable Acts. S. 17. Für die Musiker begann die Probe für die Abendvorstellung um 10Uhr.[20]Vgl. Faulstich, Bürgerliche Mediengesellschaft. S. 254. Die Theatervorstellungen selbst begannen an den Theatern jedoch zu unterschiedlichen Zeiten zwischen 17 Uhr und 19 Uhr und dauerten einige Stunden, teilweise bis Mitternacht.[21]Vgl. Carr, Theatre Music. S. 289; Fiske, English Theatre. S. 256. Einlass war jeweils eine Stunde vor Vorstellungsbeginn.[22]Vgl. Fiske, English Theatre. S. 256. Eine halbe Stunde vor Vorstellungsbeginn begann das Orchester, die Zuschauer mit Musik zu unterhalten.[23]Vgl. Ebd. S. 259.

Die Musiker und ihr Einkommen

Im 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts waren Komponisten noch keine freischaffenden Künstler, sondern an einem adeligen oder kirchlichen Hof oder am Theater angestellt.[24]Vgl. Wood, Gillen D’Arcy: Romanticism and music culture in Britain 1770-1840. Virtue and virtuosity. New York 2010. S. 56. Alternativ wurden sie durch Mäzene finanziell unterstützt, waren dann aber auch von deren musikalischen Vorlieben und auch Launen und den gängigen Musikmoden abhängig.[25]Zum patronage-System in der englischen Gesellschaft vgl. Perkin, The Origins of Modern English Society. S. 32-46. Obgleich die meisten Komponisten dem Bürgertum entstammten, zählten sie im Dienst adeliger Familien nur zur höheren Dienerschaft.[26]Vgl. Wood, Romanticism and music culture in Britain 1770-1840. S. 57. Das Einkommen der Musiker lag zwar über dem eines Arbeiters, aber signifikant unter dem eines Komponisten oder Librettisten oder gar Uhrmachers oder Juweliers, deren Handwerk als wertvoller erachtet wurde.[27]Vgl. Wood, Romanticism and music culture in Britain 1770-1840. S. 56; Rohr, Deborah: The Caareers of British Musicians. A Profession of Artisans. Cambridge 2001. S. 37; Fiske, Roger: Music in … Continue reading Samuel Wesley bemerkte zur verhältnismäßig geringen Bezahlung: „I have every day more and more cause to curse the day that ever my poor good father suffered musick[!] to be my profession […] the whole is a degrading business to any man of spirit or any abilities.[28]Zit. nach: Wood, Romanticism and music culture in Britain 1770-1840. S. 56.. Letztendlich bestimmten Ansehen und Nachfrage das Gehalt des Komponisten. Die bereits 1738 gegründete[29]Gründungsmitglieder waren Georg Friedrich Händel, Friedrich Wiedemann und Michael Festing. Gesellschaft zur Unterstützung in Not geratener Musiker wurde 1789 von George III. durch einen Freibrief in „Royal Society of Musicians“ umgewandelt, veränderte aber letztendlich nicht die Gehälter der Musiker – im Gegenteil: die Gehaltsschere ging bis 1820 immer mehr auseinander und veränderte sich auch für einen Musiker schnell durch Angebot und Nachfrage.[30]Zu den großen Unterschieden der Bezahlung vgl. Blom, Musik in England. Hamburg. S. 194; Wood, Romanticism and music culture in Britain. S. 130; Hall-Witt, Jennifer: Fashionable Acts. Opera and Elite … Continue reading Die Vergütung der Komponisten schwankte ebenso erheblich, unterlag sie doch den gleichen marktregulierenden Faktoren.[31]Vgl. Woodfield, Opera and drama , S. 207; Hall-Witt, Fashionable Acts, S. 40; Fiske, English Theatre. S. 261.

Die lenten oratorios

Da während der Quadragesima mittwochs und freitags keine Opern aufgeführt werden durften[32]Beginnend am Freitag nach Aschermittwoch., mieteten Musikliebhaber für diese beiden Wochentage innerhalb jener sieben Wochen die Theater an, um als Ersatz die so genannten lenten oratorios aufzuführen.[33]Vgl. Zöllner, Eva: English Oratorio after Handel. The London Oratorio Series and its Repertory 1760 – 1800. Marburg 2002. S. 7, 19, 21; Mohn, Barbara: Das englische Oratorium im 19. Jahrhundert. … Continue reading

Eine Oratorienveranstaltung bestand aus drei Konzertteilen. Zunächst dem Oratorium als Hauptwerk, dann einem gemischten Programm geistlicher Musik und zum Abschluss weltliche Musik. Zwischen den einzelnen Teilen erklangen Solo-Konzerte.[34]Vgl. Mohn, Das englische Oratorium. S. 23. Die Oratorien begannen üblicherweise um 18:30Uhr und dauerten drei Stunden.[35]Vgl. Zöllner, English Oratorio after Handel. S. 29. Von den impresari[36]Der impresario wiederum kümmerte sich im 18. Jahrhundert um die Verpflichtung der Musiker, war aber auch für die Wirtschaftlichkeit des Gebäudes und des Spielbetriebs verantwortlich. der Opernhäuser führten die Oratorien-impresari führten das Theater an jenen beiden Wochentagen als administrativ und finanziell unabhängigen Betrieb. Dieses barg für diese temporären impresari Chancen und Risiken zugleich, da sie zwar sämtliche Einnahmen behalten durften, die Ausgaben aber auch zu decken hatten. Ein schlecht besuchtes Oratorium konnte die finanziellen Ressourcen erschöpfen.[37]Vgl. Zöllner, English Oratorio after Handel. S. 20. Mit hohen Eintrittspreisen sicherten die von der Oberschicht gewünschte Exklusivität[38]Vgl. Ebd. S. 44. und dessen Wunsch nach pleasing variety durch Veränderung der Inszenierung.[39]Vgl. Ebd. S. 31, 48, 55. Der Versuch John Christopher Smith‘ und Charles John Stanleys, das Programm mit aktuellen und eigenen Kompositionen zu erweitern, scheiterte, denn die Besucher blieben aus.[40]Vgl. Ebd. S. 17, 46. Die Besucherzahlen stiegen wiederum mit der Wiederaufnahme Händelscher Oratorien.[41]Vgl. Ebd. S. 47. So blieben bis in die 1790er Jahren fast alle aufgeführten Oratorien von Händel.[42]Vgl. Ebd. S. 17. Ein Sitz in den Boxen kostet einen halben guinea[43]1 guinea entsprach 10s 6d., die obere Galerie 5s und die untere Galerie: 3s 6d. Lenten oratorios gab es zunächst nur in Covent Garden und waren für das aristokratische Publikum umso anziehender, da es auch der König besuchte. Den beiden dortigen Oratorien-impresari Smith und Stanley sicherte dies die Einnahmen.[44]Vgl. Zöllner, English Oratorio after Handel. S. 43-44, 55. Obwohl sie in den 1760er Jahren immer wieder Konkurrenten in anderen Theatern hatten[45]Vgl. Ebd. S. 48, 59, 61-64., setzte sich aber erst Samuel James Arnold in Drury Lane in den 1790er Jahren als echter Kontrahent durch. Er gewann seine Zuschauer durch deutlich niedrigere Preise (Box 5s, Parkett 3s, obere Galerie 2s, untere Galerie 1s)[46]Vgl. Ebd. S. 56-58., an die Smith und Stanley ihre Preise zunächst nicht anglichen. Erst als Smith und Stanley zwei Jahre später für die Oratorienreihe zu Drury Lane wechselten und Arnold seinerseits Covent Garden übernahm[47]Vgl. Ebd. S 59, 64-65., verringerten die beiden alteingesessenen Oratorien-impresari ihre Eintrittspreise etwas. Der Preis in den Boxen war weiterhin ein halber guinea, aber ein Platz im Parkett verringerte sich auf 5s, in der oberen Galerie auf 3s 6d und in der unteren Galerie auf 2s.[48]Vgl. Ebd. S. 59. Die Gründe für den Tausch der Theater sind offenbar nicht überliefert, doch liegt die Vermutung nahe, dass Stanley und Smith die Miete von Covent Garden zu teuer wurde.[49]Vgl. Ebd. S. 65.

Die Krönung der Verehrung Händels Oratorien fand in der Handel Commemoration von 1784 in der Westminster Abbeymit 525 Laienmusikern statt.[50]Vgl. Holman, Eighteenth-Century English Music. S. 6; Zöllner, English Oratorio after Handel. S. IX [Preface]; Wood. Romanticism and music culture in Britain 1770-1840, S. 22, 24, 30. Nach der Commemoration kam es zu einem stetigen Rückgang der Oratorienaufführungen Händels, in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts zu einem Rückgang der Oratorien an sich. Es wurden nun mehr und mehr Concerti spirituali, kürzere orchestrale Musikwerke aus Chorälen oder Kirchenlieder[51]Vgl. Mohn, Das englische Oratorium. S. 20; Zöllner, English Oratorio after Handel. S. 4-5, 8, 31, 66. Neben Gesangssolisten traten auch Instrumentalsolisten auf. Typische Solo-Instrumente waren … Continue readingVgl. Mohn, Das englische Oratorium. S. 20; Zöllner, English Oratorio after Handel. S. 4-5, 8, 31, 66. Neben Gesangssolisten traten auch Instrumentalsolisten auf. Typische Solo-Instrumente waren Orgel, Violine, Oboe, Querflöte, Cello, Horn, Fagott und Klarinette., aufgeführt und nicht mehr vollständige Oratorien. Diese Mischung aus Oratorien und Concerti spirituali nannte sich „Favourite Selections“. Ab 1815 flaute die Begeisterung für die Reihe der lenten oratorios in der Fastenzeit ab und nur noch einzelne Theater schrieben für wenige Perioden schwarze Zahlen. Zwischen 1820 und 1840 gab es daher einen häufigen Wechsel in der Leitung der lenten oratorios in beiden Opernhäusern und es kam sogar zum Ausfall ganzer Konzertreihen. Diverse Versuche zum Erreichen höherer Besucherzahlen blieben erfolglos.[52]Vgl. Mohn, Das englische Oratorium, S. 31-43. In den 1840er Jahren verschwanden die lenten oratorios schließlich aus den Theatern.[53]Vgl. Mohn, Das englische Oratorium. S. 20.

Musik im öffentlichen Raum

Die Aristokratie: Sehen und gesehen werden

Die Opern und Oratorien[54]Um nicht wiederholend den Terminus „Opern und Oratorien“ zu verwenden, wird nachfolgend nur von der Oper geschrieben, jedoch immer auch die Oratorienaufführung gleichsam gemeint. waren im 18. Jahrhundert ein Spiegelbild der klar getrennten gesellschaftlichen Klassen und innerhalb der aristokratisch geführten Gesellschaft ein feinfühliges Barometer für die Machtverhältnisse und Strukturen.[55]Vgl. Hall-Witt, Fashionable Acts. S. 3. Jene mondäne Gesellschaft war in den 1780er Jahren eine geschlossene Gruppe. Die Theater waren klein und übersichtlich genug, um als effektiver Treffpunkt zu dienen.[56]Vgl. Ebd. S. 266. Sehen und gesehen werden war die Devise.[57]Vgl. Ebd. S. 4, 18, 265. Neben der kulturellen Bildung[58]Vgl. Ebd. S. 24. diente der Opernbesuch der Pflege seiner sozialen Verbindungen und zum Aufbau neuer Kontakte.[59]Vgl. Ebd. S. 18. Begünstigt wurde dies durch die begrenzte Größe des Auditoriums und der überschaubaren Anzahl von Logen. Man konnte einander sehr gut beobachten. Die mondäne Gesellschaft kannte sich gut genug, um auch kleinen Veränderungen bei den anderen die entsprechende gesellschaftliche Bedeutung beizumessen. Wer unterhielt sich mit wem? Ließ sich die Anbahnung einer persönlichen Beziehung erkennen? Oder glaubte man gar, eine Abkühlung bestehender Beziehungen zu erkennen? Wer fiel durch teure neue Kleidung auf oder konnte sich offenbar keine neue leisten? Neue Besucher fielen in der geschlossenen Gruppe sofort auf.[60]Vgl. Ebd. S. 266-267. Die Veranstaltung wurde auch genutzt, um politische Verbindungen zu avisieren, Informationen zu sammeln und Veränderungen und Neuigkeiten im gesellschaftlichen Netzwerk der Oberschicht aufzuspüren oder zu offenbaren.[61]Vgl. Hall-Witt, Fashionable Acts, S. 266, 268.

Der gesellschaftliche Aspekt stand bei der Oper klar im Vordergrund, die Aufführung, die Musik waren der Anlass oder auch der Rahmen für das Treffen. Das Opernpublikum des 18. Jahrhundert war „event-orientiert“ (Hall-Witt)[62]Zit nach: Hall-Witt, Fashionable Acts. S. 23. Aufschlussreich für das Verständnis des Verhaltens dieses “event-orientierten” Publikums ist auch: Weber, William: Did People Listen in the 18th … Continue reading und betrachtete sich selbst als Teil des ganzen Spektakels.[63]Vgl. Hall-Witt, Fashionable Acts. S. 24.

Die Sänger sangen ihre Arien und Gesangsausschmückungen und die Besucher jubelten oder buhten sie aus. Die Zuschauer waren an der musikalischen Unterhaltung interessiert, nicht am Komponisten oder den Sängern. Nur bei bekannten und berühmten Sängern wurden auch die Namen abgedruckt.[64]Vgl. Ebd. S. 40-43 Fiske, Music in Society. S. 14. Die Zuschauer informierten sich vor Beginn der Vorstellung sowie in den Pausen zwischen den Akten  im Libretto der Oper.[65]Vgl. Fiske, English Theatre. S. 258. Die Libretti enthielten die Texte der Opern mit Übersetzung ins Englische, allerdings nicht den Namen des Komponisten und jene der Sänger und kostete in den 1780er Jahren 1s 6d, 1805 bis in die 1820er Jahre 2s. Die Reputation der Sänger stieg und fiel mit der Reaktion der Zuschauer. Bewertet wurden nicht nur deren musikalische Leistung, sondern auch die Liedauswahl und die Variabilität in der Darbietung. Der Sänger musste nicht nur mit seinem Lied stimmlich brillieren, sondern durfte es auch nicht immer in der gleichen Art singen.[66]Vgl. Hall-Witt, Fashionable Acts. S. 23. Die Komponisten und Sänger erreichten jene geforderte novelty, indem sie bestehendes musikalisches Material immer wieder neu verarbeiteten. So kam es vor, dass Opernsänger sogar Arien aus anderen Opern oder pasticci einfügten, um mit einem bestimmten Lied aus einem ganz anderen Stück stimmlich zu brillieren und das Publikum zu begeistern.[67]Vgl. Ebd. S. 10, 35-39; Willaert, Italian Opera at the King’s Theatre, S. 21-28. Da ein Operntext nicht als unantastbar und geschützt betrachtet wurde, konnte jeder das Musikstück eines anderen Künstlers verändern und ohne Erlaubnis in der veränderten Form aufführen, was man ungeniert und intensiv nutzte.[68]Vgl. Hall-Witt, Fashionable Acts, S. 40. Um die Dauer der Vorstellung zu kürzen, wurden Opern mit drei Akten auch durchaus auf zwei Akte gekürzt.[69] Vgl. Ebd. S. 34. Die Kunst der impresari war es, nicht nur eine dauerhafte Besetzung  guter Darsteller zu haben, sondern auch das Programm von Aufführung zu Aufführung den Wünschen des Publikums anpassen.[70]Vgl. Ebd. S. 5. Die geplanten Darbietungen wurden ein oder maximal zwei Tage im Voraus bekannt gegeben und zwar abends in der Vorstellung zwischen Hauptstück und after piece und am nächsten Morgen in der Presse. Eine oder zwei Zeitungen hatten das Privileg, das Programm zu veröffentlichen und zahlten hierfür an die Theater.[71]Vgl. Fiske, English Theatre. S. 256.

Die gesellschaftliche Stellung ließ sich nicht nur an der Kleidung der Besucher erkennen[72]Vgl. Hall-Witt, Fashionable Acts. S. 17-18., sondern auch am angestammten Platz im Theater-Auditorium. Die nicht so gut betuchten Gäste in ihrer einfacheren Kleidung und jene, die keinen halben guinea zahlen konnten, nahmen auf der Galerie Platz[73]Vgl. Ebd. S. 4; Fiske, Music in Society. S. 14; Fiske, English Theatre. S. 256., während reiche Bürger und der niedrige Adel in den Boxen und Logen der ersten Ränge sowie im Parkett saßen. In den oberen Rängen saßen die high courtesans. Jene nutzten die Vorstellung, um auf sich aufmerksam zu machen und das Interesse zu wecken.[74]Vgl. Fiske, English Theatre. S. 257; Fiske, Music in Society. S. 14; Hall-Witt, Fashionable Acts. S. 4. Das Parkett teilte sich eine Mischung aus Adel, Oberschicht, Mittelstand, Journalisten und Künstlern – die beiden Letztgenannten genossen Zutritt durch die free list.[75]Vgl. Hall-Witt, Fashionable Acts. S. 4.

Der Wandel: Die Subskription

Adelige sicherten sich ihre Plätze über die Subskription. In die ausliegenden Subskriptionslisten wurde der Name eingetragen und der Betrag für die Opernbesuche einer ganzen Saison im Voraus gezahlt. Das sicherte dem Subskribenten den gleichen Platz und dem impresario finanzielle Sicherheit. Den in der Literatur ungenannten, aber mit Sicherheit auch für Adelige hohen Preis konnten sich nicht alle leisten. Viele von ihnen wurden davor von ihren Mäzenen zur Subskription eingeladen. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts bevorzugten die Subskribenten die Logenplätze.[76]Vgl. Ebd. S. 57. Der weitgehend unveränderte, beständige Kreis der Besitzer der Plätze war ein grundlegendes Merkmal der Opern-Subskriptionskultur. Da es jedes Jahr fast immer die gleichen Subskribenten waren, fielen neue Besucher sofort auf und wurden verstärkt beobachtet. Ebenso beachtenswert waren fehlende Subskribenten und der vermeintliche Grund hierfür. Solche Beobachtungen wurden zu Gradmessern für finanzielle Veränderungen in Familien, gaben Aufschluss über gesellschaftlichen Aufstieg oder Abstieg.[77]Vgl. Ebd. S. 60. Etwa ein Viertel aller englischen Aristokraten waren Subskribenten in einer der Londoner Opern. Die Oper fungierte quasi als halbprivater Club[78]Vgl. Ebd. S. 57. mit den Subskribenten als Haupteinnahmequelle des Theaters.[79]Vgl. Ebd. S. 155. Die Theater erkannten ihre Chance für höhere Einnahmen und vergrößerten ab den 1790er Jahren die Auditorien der Theater. Damit veränderte sich aber deren vertraute Atmosphäre.[80]Vgl. Ebd. S. 267. Das eigene Erscheinen glich nicht mehr einem Auftritt, dem die volle Aufmerksamkeit sicher war .[81]Vgl. Hall-Witt, Fashionable Acts, S. 116, 130, 267. Durch das größere Auditoriums drängten neue, für die bisherigen Subskribenten weitgehend unbekannte Menschen in die Theater. Durch die zunehmende Industrialisierung hatte sich eine vermögende bürgerliche Oberschicht mit eigenen Machtstrukturen und Machtbewusstsein entwickelt, die Einlass in die bisher weitgehend geschlossene mondäne Gesellschaft suchte und selbst oder über persönliche Beziehungen über die finanziellen Mitteln für die Vorauszahlung des wöchentlichen Opernbesuchs verfügte.[82]Vgl. Ebd. S. 271. Immer mehr Interessenten umgingen die Subskription, um sich einen Logenplatz zu sichern[83]Vgl. Ebd. S. 7., der Schwarzmarkt boomte. Buchhändler boten nun sogar Karten für Eigentumslogen an, konnte doch ein Drittel der Aristokraten durch falsches Management des eigenen Besitzes und die kriegsbedingte Inflation  die um das Doppelte erhöhten Eintrittspreise nicht mehr bezahlen.[84]Vgl. Ebd. S. 148-155. Wegen dieser Preiserhöhung kam es immer wieder zu riots, den sogenannten old price riots.[85]Der zerstörerischste riot mit einem Schaden von £ 2.000 ereignete sich am 3. Februar 1762 in Covent Garden allerdings nicht wegen einer Preiserhöhung, sondern weil es nach drittem Akt nicht den … Continue reading Die Atmosphäre in der Oper wurde nun öffentlicher, aber auch unpersönlicher.[86]Vgl. Hall-Witt, Fashionable Acts, S. 271. Die Einstufung der Zuschauer nach ihrer gesellschaftlichen Reputation fiel deutlich schwerer,[87]Vgl. Ebd. S. 116. denn vermögende Bürgerliche konnten sich durchaus eine pompösere Kleidung oder einen teureren Platz leisten als ein verarmter Adliger. Später, aber immer noch vor der Jahrhundertwende 1800, wurden wegen der immer noch starken Nachfrage nach Plätzen in den Opernhäusern sogar Logen seitlich der Bühne gebaut.[88]Vgl. Ebd. S. 25-26. Hier mieteten besonders gerne gesellschaftlich oder politisch ambitionierte Männer einen Platz, um sich gut sichtbar als Mäzen einer Darstellerin oder des impresarios positionieren wollten.[89]Vgl. Ebd. S. 267. Die Oberschicht versuchte vergebens, ihren bisherigen Einfluss und ihr bisheriges Standing in dem Opern-Netzwerk zu erhalten. Doch durch die zunehmende Kommerzialisierung der Oper und dem Rückgang an adeligen Zuschauern, höhlte sich das Subskriptionssystem kontinuierlich weiter aus, um bis in die 1830er Jahre seinen früheren Stellenwert eingebüßt zu haben.[90]Vgl. Ebd. S. 3, 145, 155. Um 1850 strömten zwar noch immer Aristokraten zu Opernveranstaltungen, aber die Zusammensetzung der Zuschauer hatte sich gewandelt: Gönnerinnen und Gesellschaftsdamen gingen zwar wie auch modische Dandies und Militärs weiterhin in die Oper, doch aktive Politiker oder sogar Mätressen fand man kaum noch auf den Subskriptionslisten.[91]Vgl. Hall-Witt, Fashionable Acts. S. 5

Der Wandel: Die opera buffa

In der opera seria mit ihren tragischen Handlungen um aristokratische Helden konnten sich die adeligen Opernzuschauer leicht wiederfinden und sich mit ihnen identifizieren. Die opera buffa bildete mit ihrer amüsanten, possenhaften Handlung und den nicht-aristokratischen Helden ein Gegenstück zur opera seria mit ihren heroischen, erhabenen Charakteren und der ernsten, dramatischen Handlung. So wenig sich Aristokraten mit den Helden der opera buffa identifizieren konnten, so sehr faszinierte es die bürgerlichen Zuschauer. Noch über die Jahrhundertwende 1800 hinweg wurde die opera buffa missachtet und wurde in Rezensionen und Musikgeschichtsschreibung abwertend beurteilt. Schauplatz der Londoner opera buffa war das King’s Theatre. Zwar war sie dort seit 1760 im Programm, gehörte aber erst 1773 zu ihrem festen Bestandteil. Die impresaria des King’s Theatre, Colomba Mattei, entwarf ein cleveres, wirtschaftliches Programm, das für spätere opera buffa-Programme anderer Theaterhäuser Vorbildcharakter hatte. Ein ausgewogenes, variierendes Programm mit Aufführungen der opera seria am Wochenende und der opera buffa an Werktagen.[92]Vgl. Willaert, Saskia: Italian Opera at the King’s Theatre in the 1760. The Role of the Buffi. In: David Wyn Jones (Hg.): Music in Eighteenth Century Britain. Aldershot 2000. S. 17-20; Haskins, … Continue reading Mattei engagierte bekannte Komponisten als Hauskomponisten, die eigens für ihr Theater Arrangements und pasticci für die angestellten Sänger komponierten.[93]Vgl. Willaert, Italian Opera at the King’s Theatre in the 1760. S. 30-33. Eingereiste, ausländische buffa-Darsteller vom Festland übernahmen häufig die Organisation der opera buffa. Sie besorgten die Noten für Instrumentalisten und Sänger, stimmten sich mit dem Hauskomponisten[94]Die Musikstücke waren entweder vom Kontinent importiert oder vom Hauskomponisten für dieses Theaterhaus komponiert worden. sowie dem Hauslibrettist ab und traten auch selbst als Sänger auf. Dabei griffen sie auf ihnen bereits bekannte Opern zurück.[95]Vgl. Willaert, Italian Opera at the King’s Theatre in the 1760. S. 21-23; Hall-Witt, Fashionable Acts, S. 38. Neu komponierte opere buffe standen deshalb in den Londoner Opernhäusern nur selten auf dem Programm. Meist vergingen zehn bis zwanzig Jahre seit der Uraufführung auf dem europäischen Festland, bevor die Opern in England aufgeführt wurden.[96]Vgl. Willaert, Italian Opera at the King’s Theatre in the 1760. S. 25. In den 1810er Jahren dominierten die opere buffe von Mozart das Programm des King’s Theatre.[97]Vgl. Hall-Witt, Fashionable Acts, S. 45.

Musik im privaten Raum

Im privaten Salon

Ende des 18. Jahrhunderts begann eine Hochkonjunktur im Musikalienhandel, begünstigt durch die Erfindungen neuer Maschinen, durch die der Notendruck schneller und damit billiger wurde.[98]Vgl. Wood. Romanticism and music culture in Britain 1770-1840, S. 16; Sadie, Stanley: Music in the Home II [in 1760 – 1800]. In: Henry D. Johnstone/Robert Fiske (Hgg.): The Eighteenth Century. The … Continue reading Für „Kenner“ und „Liebhaber“, so die zeitgenössische Bezeichnung für musikbegeisterte Laien, wurden etwa ein bis zwei Monate nach der Uraufführung einer Oper, eines Konzertes, einer Sinfonie oder eines anderen musikalischen Werkes – sofern sie erfolgreich war – die Noten gestochen.[99]Vgl. Caldwell, London. S. 35; Faulstich, Bürgerliche Mediengesellschaft. S. 294-298. Die Gesangspartitur einer Oper kostete um 1800 10s 6d, eine Gesangspartitur des afterpiece 6s[100]Vgl. Faulstich, Bürgerliche Mediengesellschaft. S. 299., sechs Sonaten £ 10s 6d.[101]Vgl. Sadie, Music in the Home II. S. 314. In manchen musikalischen Zeitschriften erschienen wöchentlich mehrere Seiten als sich fortsetzende Teile einer Gesangspartitur für nur 1s 6d[102]New Musical Magazine, 1783-[unbekannt], von James Harrison. oder 2s 6d[103]Pianoforte Magazine, 1799-1802, von James Harrison, Cluse & Co.. Man musste die aufeinanderfolgenden Ausgaben kaufen, bis man das Werk vollständig hatte. Der Zeitverzug rechnete sich aber, denn diese Variante war im Gesamten oftpreisgünstiger als der Kauf des kompletten Werks.[104]Vgl. Faulstich, Bürgerliche Mediengesellschaft. S. 296-299. Orchestrale Werke wurden für wenige Instrumente oder ein Soloinstrument arrangiert. In der Klaviermusik war die begleitete Klaviersonate das beliebteste Genre im späten 18. Jahrhunderts.[105]Vgl. Sadie, Music in the Home II. S. 323-351. Durch verbesserte Technik bei der Herstellung wurden Klaviere seit Ende des 18. Jahrhunderts für eine weitaus größere Anzahl Menschen erschwinglich.[106]Vgl. Wood, Romanticism and music culture in Britain 1770-1840.S. 4; Searle, London. S. 1473. Sie konnten durch Arrangements von Orchesterkompositionen, den Klavierauszügen, Bühnenwerke alleine nachspielen, gegebenenfalls dazu singen und so im Kleinen der eigenen vier Wände Konzert- und Opernerlebnisse darbieten.[107]Vgl. Wood, Romanticism and music culture in Britain 1770-1840. S. 53. Klaviersonaten wiederum waren oft als Lehrstücke für Klavierschüler geschrieben.[108]Vgl. Sadie, Music in the Home II. S. 336, 340, 343. Nachdem es schon im 18. Jahrhundert einen Leitfaden für das Erlernen des Flöten- oder Violinspiels gab[109]Vgl. Fiske, Music in Society. S. 4., den beliebtesten Instrumenten des 18. Jahrhunderts[110]Vgl. Ebd. S. 8-9; Sadie, Music in the Home II. S. 324-327. – hauptsächlich von Männern gespielt –konnten englische Laienmusiker ab Beginn des 19. Jahrhunderts solche Leitfäden auch für das Klavierspiel erwerben.[111]Vgl. Wood. Romanticism and music culture in Britain 1770-1840, S. 162-163.

Neben dem Musizieren am Klavier war es in der Aristokratie beliebt, seine Töchter auch im Gesang unterrichten zu lassen,[112]Vgl. Petrat, Nicolai: Hausmusik des Biedermeier im Blickpunkt der zeitgenössischen musikalischen Fachpresse (1815-1848). Hamburg 1986. (=Hamburger Beiträge zur Musikwissenschaft 31) S. 99; Fiske, … Continue reading sodass die Tochter idealerweise nicht nur virtuos spielen, sondern auch mit lieblicher Stimme dazu singen konnte. Die musikalische Befähigung der Töchter beeinflusste die gesellschaftliche Stellung der gesamten Familie[113]Vgl. Wood, Romanticism and music culture in Britain 1770-1840. S. 17, 155-159; Hall-Witt, Fashionable Acts, S. 44; Petrat, Hausmusik des Biedermeier, S. 98-99.: Eine unmusikalische Tochter konnte nicht nur schwer verheiratet werden, sondern schmälerte auch die Reputation ihrer Familie. Deshalb wurden Töchter unabhängig von ihrer musikalischen Befähigung zum Erlernen dieser Qualifikationen teils gezwungen. Gioachino Rossini arbeitete 1824 während seines Aufenthalts in London auch als Gesangslehrer und klagte danach, dass „not even £ 100 per lesson could compensate for the tortures that I suffer while listening to those ladies, whose voices creak horribly.“.[114]Vgl. Hall-Witt, Fashionable Acts, S. 44. Zit. nach: Kendall, Alan: Gioacchino Rossini. The Relunctant Hero. London 1992. S. 124. Jane Austen kritisierte ihre Zeitgenossen für den verbissenen Drill, dem sich ihre Kinder unterziehen mussten.[115]Vgl. Wood. Romanticism and music culture in Britain 1770-1840, S. 166. Diese Art der musikalischen Erziehung mache aus jungen Frauen „mechanical automata“, verbissene Roboter, eine Maschine ohne Effekt und Gespür die, getrieben von einer Disziplin, die an preußischen Drill erinnert, Noten spielen lernten, um dem aristokratischen Ideal und damit den gesellschaftlichen Anforderungen zu entsprechen.[116]Vgl. Wood, Romanticism and music culture in Britain 1770-1840. S. 65., 155, 160-162 Siehe zur Bezeichnung der jungen Frauen als Automaten auch das Kapitel 5 dieses Sammelband, den Aufsatz … Continue reading Jane Austen schrieb aus eigener Erfahrung über „mechanical automata“, denn sie übte seit ihrem 13. Lebensjahr morgens am Klavier und spielte abends vor ihrer Familie. Dieses Ritual entsprach der Masse. Um Standesangehörigen das Können der Töchter zu zeigen und sie für eine günstige Heiratspartie zu positionieren, begab man sich bei Einladungen oder einem gemeinsamen Essen in den hauseigenen Salon zum Musizieren. Üblich war es, dass bei solchen privaten aber auch bei halb-öffentlichen Konzerten zwei Frauen am Klavier vierhändig und eine an der Harfe arrangierte Orchesterfassung der in London aktuellen Opern spielten, während die Vortragenden gleichzeitig die Texte dazu sangen.[117]Vgl. Wood. Romanticism and music culture in Britain 1770-1840, S. 153-154.

Die musikalische Erziehung in einem Instrument und Gesang war Ende des 18. Jahrhunderts keine Domäne der elitären Londoner Gesellschaft mehr. Die middle classes hatte durch Musikkopisten gleichermaßen Zugang zu Noten und pädagogischem Material. 1798 erklärte Edgewood, dass weibliche Leistung nun üblich sei, so dass man sie nicht mehr als ein unterscheidendes Charakteristikum der Erziehung einer gentlewoman erwägen kann.[118]Vgl. Wood. Romanticism and music culture in Britain 1770-1840, S. 153-157. Die bürgerliche Hausmusik[119]Vgl. Reimer, Erich: Hausmusik. In: Handwörterbuch der musikalischen Terminologie, 5. Auslieferung). Mainz 1977; Eibach, Joachim: Die Schubertiade. Bürgerlichkeit, Hausmusik und das öffentliche im … Continue reading des 19. Jahrhunderts hatte ihre Ursprünge in aristokratisch geprägten Theatern und Salons. Sie waren halb-öffentlich, da sie die aristokratisch-höfische Tradition bewahrten, aber im privaten Rahmen in einem Wohnzimmer für geladene Personen ausführten.[120]Vgl. S. Habermas, Jürgen: Strukturwandel der Öffentlichkeit. Untersuchungen zu einer Kategorie der bürgerlichen Gesellschaft, Frankfurt am Main 1990. S. 44-45; Schwindt, Nicole: Kammermusik. In: … Continue reading Der bürgerliche Salon diente als Rückzugspunkt, um die humanistischen Ideale zu pflegen[121]Vgl. zu den adeligen und bürgerlichen Salons auch: Wood. Romanticism and music culture in Britain 1770-1840, S. 155-157; Petrat, Hausmusik des Biedermeier, S. 238-249. und das Klavier wurde zu einem charakteristischen Möbelstück dieses Raumes.[122]Vgl. Wood. Romanticism and music culture in Britain 1770-1840. S. 152-166; Budde, Gunilla: Blütezeit des Bürgertums. Bürgerlichkeit im 19. Jahrhundert. Darmstadt 2009. S. 62. Auch in der bürgerlichen Familie mit Vermögen oder Bildung befleißigte man sich der musikalischen Ausbildung der Töchter. Im Umkehrschluss zu dem möglichen gesellschaftlichen Niedergang einer adeligen Familie, bedeutete ein musikalisches Talent der Bürgerstochter nicht nur gesellschaftlichen Glanz und die Wahrscheinlichkeit einer guten Partie, es war auch die Basis für einen gesellschaftlichen Aufstieg, zumal wenn eine attraktive Mitgift gesichert war. Amédée Pichot berichtete eine typische Szene in einem Salon: “Enter one of our coffee-rooms, and you will probably find two Englishmen seated silently in a corner, instead of entering into conversation with each other. If, by chance, one of them, throwing off some of the national reserve, should venture to address a question to his neighbor, the latter will put in a grave look, and return at most a dry monosyllabic answer, for two talkative Englishmen seldom meet under the same roof.[123]Vgl. Wood, Romanticism and music culture in Britain 1770-1840. S. 179. Zit. nach: Pichot, Amédée: Historical and Literary Tour of a Foreigner in England and Scotland. 2. Bände. London 1825. Band … Continue reading.”. Und Charles Grenville berichtete: “There is a vast deal of incoming and going, and eating and drinking, and a corresponding among of noise, but little or no conversation, discussion, easy quiet interchange of ideas and opinions, no regular social foundation of men of intellectual or literary caliber ensuring a perennial flow of conversation, and which, if it existed, would derive strength and assistance from the light superstructure of occasional visitors, with the much or the little they might individually contribute. The reason of this is that the woman herself, who must give the tone to her own society, and influence its character, is ignorant, vulgar, and commonplace.”[124]Vgl. Wood, Romanticism and music culture in Britain 1770-1840.  S. 201. Zit. nach: Reeve, Henry (Hg.): The Grenville Memoirs (Second part). A Journal of the Reign of Queen Victoria from 1837 to 1852 … Continue reading. Den bürgerlichen Salon unterschied vom adeligen Salon, dass dem Musikvortrag wortlos und mit voller Aufmerksamkeit zugehört wurde. Für diese Hinwendung zum stillen Zuhören werden in der Forschung drei unterschiedliche Gründe genannt: Erstens: Das Londoner Bürgertum adaptierte die Idee aus dem Pariser Musikleben.[125]Vgl. Hall-Witt, Fashionable Acts. S. 6-7. Zweitens: Der Aufstieg des Bürgertums der neuen Mittelklasse, in Verbindung mit der opera buffa und deren nicht-aristokratischen Helden bedingten den Wandel.[126]Vgl. Ebd. Fashionable Acts, S. 42, 54-55, 227. Dieser Grund wird von James Johnson jedoch abgelehnt.; siehe Hall-Witt, Fashionable Acts. S. 7. Drittens: Durch die Veränderungen in den Theater-Auditorien kannte sich das Publikum untereinander weniger, man ging nicht mehr so aus sich heraus, die Atmosphäre wurde förmlicher. Private Unterhaltungen während der Aufführung wurden weniger und zugleich von Fremden umgeben wohl auch als störender empfunden. So wurde die Konzentration auf das Dargebotene stärker. Die Aristokratie übernahm schließlich diese durch das Bürgertum ausgelöste etiquette.[127]Vgl. Ebd, S. 227. Das stille Zuhören setzte sich durch die stetig wachsende Anzahl an bürgerlichen Besuchern der Opernhäuser auch bei öffentlichen Musikdarbietungen mehr und mehr durch.

In den Salons traten sowohl Laienmusiker als auch Berufsmusiker auf, um einen Zusatzverdienst zu erwirtschaften.[128]Vgl. Dahlhaus, Carl: Brahms und die Idee der Kammermusik. In: Neue Zeitschrift für Musik. Mainz 1973. S. 563. Allerdings orientierten sich professionelle Musiker am sozialen Status der Salon-Gastgeber und verzichteten teilweise auf ihr Honorar. Musiksalons übernahmen aber auch die Aufgabe, junge Künstler zu fördern, um ihnen den Weg in die große Öffentlichkeit zu ebnen.[129] Vgl. Jungmann, Irmgard: Sozialgeschichte der klassischen Musik. Bildungsbürgerliche Musikanschauung im 19. und 20. Jahrhundert. Stuttgart 2008. S. 24. Diese Gelegenheiten machten sie bekannt und konnten so deren Laufbahn unterstützen.

The Glee Clubs & Freimaurerlogen

Das Pendant zum eher von weiblichen Personen besuchten Salon bildeten die ausschließlich englische Männer aufnehmenden glee clubs[130]Vgl. besonders: Robins, Brian: The catch club in 18th-century England. In: Early Music 4 (2000). S. 517-529., die sich häufig in Trinkstuben gründeten, sowie die Freimaurerlogen.

Die musikalische Form des glees ist eine spezielle, nur im England dieser Zeit komponierte Liedform.[131]Vgl. Hurd, Michael: Glees, Madrigals, and Partsongs. In: Nicholas Temperley/Charles G. Manns (Hgg.): The Romantic Age. The Blackwell History of Music in Britain. Band 5. Oxford 1988. S. 243-246. Vgl. … Continue reading Der französische Akademiker Grosley notierte seine Beobachtungen über das Londoner Clubleben, als er 1765 durch England reiste: „They [the clubs] are held amongst friends, who, having contracted an intimacy in their early days, and experienced each other’s fidelity, are united in a conformity of tastes, schemes of life, and way of thinking.“ Er wies auch auf die Unabhängigkeit solcher Gesellschaften hin, die “acknowledge no laws but those they have laid themselves”. “Strangers, and Frenchmen above all are excluded from these assemblies, without particularly recommendation; and then they meet with all that respect and easy reception, so much preferable to ceremony and compliments.”. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurden mehrere glee clubs gegründet[132]Vgl. Hurd, Glees, Madrigals, and Partsons. S. 242.: 1741 die Madrigal Society, 1761 der Noblemen and Gentlemen’s Catch Club, 1766 die Anacreontic Society, 1783 der Glee Club und 1798 Concentores Sodales, in dem allerdings nur Komponisten Mitglied werden konnten. Unter ihnen war der 1761gegründete Noblemen and Gentlemen’s Catch Club of London, kurz Catch-Club der bekannteste und einflussreichste. Zwischen 1763 und 1794 gab ihr Sekretär,  Thomas Warren, mit Catches, Canons oder Glees eine Sammlung der Lieder des Clubs heraus[133]Vgl. Blom, Musik in England. S. 210-211. und ehrte seit dem gleichen Jahr jährlich mit verschiedenen Preisen die besten glees, catches und canons des Jahres.[134]Vgl. Hurd, Glees, Madrigals, and Partsons. S. 242. Nachdem Thomas Linley sen. und Samuel Webbe sen. 1787 den Glee Club gründeten, verlor der Catch-Club an Ansehen.[135]Vgl. Blom, Musik in England. S. 234. Schließlich war Samuel Webbe sen. zu diesem Zeitpunkt bereits der bekannteste und beliebteste glee-Komponist. Er komponierte unter allen englischen Komponisten die meisten glees, nämlich über 200. und veröffentlichte sie schon seit 1764 in den neun Bänden seiner Canons and Glees.[136]Vgl. Hurd, Glees, Madrigals, and Partsons. S. 245-247.

Musik spielte in Freimaurerlogen eine zentrale Rolle, deren Charakteristik sich seit Gründung der Logen nicht änderte. Loyalität und Patriotismus verstärkten die Ideologie der Logen.

Das gemeinsame Musizieren diente sowohl der Feierlichkeit während der Treffen in der Loge als auch der Geselligkeit im Anschluss an den offiziellen Teil, denn freimaurerische Versammlungen endeten üblicherweise in fröhlicher Geselligkeit mit Wein und Liedern. Diese Musik symbolisierte die Verfassung der Freimaurerlogen: Individuen verschmolzen durch das Zurückstellen eigener Interessen zu Gunsten der Gemeinschaft zu einem harmonischen Ganzen, ähnlich wie einzelne Akkorde innerhalb der Regeln der diatonischen Harmonik zu einem perfekten, harmonischen Ganzen wurden.[137]Vgl. McVeigh, Simon: Freemasonry and Musical Life in London in the Late Eighteenth Century. In: David Wyn Jones (Hg.): Music in Eighteenth Century Britain. Aldershot 2000. S. 72-77. Liedtext: „Let … Continue reading Diese Mischung aus dem Verschmelzen kontrastierender musikalischer Formen und dem Patriotismus repräsentieren die angesprochenen glees durch ihre Mischung von stark kontrastierenden Teilen mit disparaten kontrapunktischen Linien zu einer perfekten, harmonischen Einheit und englishness in besonderem Maße. Daher wurden glees in Freimaurerlogen am häufigsten gesungen. Bei musikalischen Beiträgen während freimaurerischer Feierlichkeiten war stilles, in sich gekehrtes Zuhören gefordert.[138]Vgl. McVeigh, Simon: Freemasonry and Musical Life in London in the Late Eighteenth Century. S. 75-77. Eine protokollierte Versammlung der Preston’s Lodge of Antiquity am 5. März 1777 berichtete von den musikalischen Elementen innerhalb der Versammlung.[139]„Lodge opened in the Third Degree in an adjacent Room, Procession entered the Lodge Room, and the usual ceremonies being observed, the Three Rulers were seated. A piece of music was then performed, … Continue reading Das Programm des musikalischen Teils der Einweihungszeremonie einer Freemasons’ Hall am 23. Mai 1776 berichtete, welche musikalischen Stücke dargeboten wurden: Ältere freimaurerische Lieder wurden für diesen Zweck mit Stücken von John Abraham Fisher ergänzt. So folgte der Eingangsprozession zu March in D  eine Einführung, die mit dem Anthem in C, „To Heaven’s high Architect all praise“ zu der Melodie von „Rule Britannia“ beschlossen wurde. Nach dem Exordium des Großen Sekretärs stand die Ode an die Freimaurerei, „Wake the lute and quiv’ring strings“ auf dem Programm. Die eigentliche Einweihungs-Zeremonie mit „solemn music“ auf der Orgel wurde dreimal wiederholt. Während der Zeremonie mussten alle Nicht-Mitglieder wie auch die Frauen den Raum verlassen. Danach folgte Fishers Anthem in A, “Behold, how good and joyful” mit dem Text aus Psalm 133, dem Gebet des Großen Kaplans, Händels Krönungs-Anthem “Zadok the Priest” und Fishers Ode, “What solemn sounds on holy Sinai rung”, bevor die Festgesellschaft in einer Prozession auszog.[140]Vgl. McVeigh, Simon: Freemasonry and Musical Life in London in the Late Eighteenth Century. S. 83-84, sowie Anmerkungen im Anhang S. 95.

In den Logen gehörten Musiker, impresari und Musikhändler zu den größten Aktivisten.[141]Vgl. McVeigh, Simon: Freemasonry and Musical Life in London in the Late Eighteenth Century. S. 78-79. Ebenso werden Musiker mit Freimaurerei in Verbindung gebracht, deren Zugehörigkeit sich aber … Continue reading In vier Londoner Logen waren sie als Mitglied am häufigsten vertreten: in der Somerset House Lodge[142]Vgl. McVeigh, Simon: Freemasonry and Musical Life in London in the Late Eighteenth Century. S. 79., in der Lodge of Antiquity[143]Vgl. McVeigh, Simon: Freemasonry and Musical Life in London in the Late Eighteenth Century. S. 79-80. Vgl. zu “Lodge of Antiquity” auch: Rylands, W. H./Firebrace C. W.: Records of the Lodge … Continue reading, in der Lodge of the Nine Muses[144]Vgl. McVeigh, Simon: Freemasonry and Musical Life in London in the Late Eighteenth Century. S. 80-81. Vgl. zu “Lodge of the Nine Muses” auch: An Account of the Lodge of the Nine Muses No. 235 … Continue reading und in der Pilgrim Lodge[145]Vgl. McVeigh, Simon: Freemasonry and Musical Life in London in the Late Eighteenth Century. S. 81. Vgl. zu “Pilgrim” auch: O’Leary, N.: The History of Two Hundred Years of Pilgrim Lodge No. … Continue reading. Die Somerset House Lodge[146]Vgl. McVeigh, Simon: Freemasonry and Musical Life in London in the Late Eighteenth Century. S. 79. Vgl. zu “Somerset House Lodge” auch: Oxford, A. W.: No. 4. An Introduction to the History of the … Continue reading hatte die einflussreichsten Musiker unter sich. Der Impresario von Covent Garden, John Abraham Fisher, gehörte ihr schon 1768 an. Nachdem die Loge ab 1778 Musiker zu Ehrenmitgliedern oder serving brethren ernannte und diese dadurch weder eine Eintrittsgebühr noch einen monatlichen Betrag leisteten, gehörten zahlreiche Musiker, viele impresari und Musikhändler zu den Mitgliedern. Dadurch besaß die Loge eine große Anzahl an Musikdrucken.[147]Vgl. McVeigh, Simon: Freemasonry and Musical Life in London in the Late Eighteenth Century. S. 79.

Auch die Lodge of Antiquity[148]Vgl. McVeigh, Simon: Freemasonry and Musical Life in London in the Late Eighteenth Century. S. 79-80. Vgl. zu “Lodge of Antiquity” auch: Rylands, W. H./Firebrace C. W.: Records of the Lodge … Continue reading hatte namhafte Musiker wie zum Beispiel Samuel Wesley, Samuel Webbe und Benjamin Henry Latrobe. Und während die Lodge of the Nine Muses[149]Vgl. McVeigh, Simon: Freemasonry and Musical Life in London in the Late Eighteenth Century. S. 80-81. Vgl. zu “Lodge of the Nine Muses” auch: An Account of the Lodge of the Nine Muses No. 235 … Continue reading vor allem deutsche und italienische Musiker wie Luigi Borghi, Felice Giardini und auch Johann Christian Bach, Carl Friedrich Abel und Wilhelm Cramer zu ihren Mitgliedern zählten, waren in der einzigen deutschsprachigen Loge Londons, der Pilgrim Lodge[150]Vgl. McVeigh, Simon: Freemasonry and Musical Life in London in the Late Eighteenth Century. S. 81. Vgl. zu “Pilgrim” auch: O’Leary, N.: The History of Two Hundred Years of Pilgrim Lodge No. … Continue reading, nicht nur deutsche und österreichische Musiker, sondern auch andere Landsmänner im Stand eines Diplomaten, Stadthändlers oder Mitgliedes des königlichen Haushalts versammelt. Deutschsprachige Musiker in dieser Loge waren zum Beispiel Anton Kammell, Johann Peter Salomon und Christoph Papendiek.

Musik im kirchlichen Raum

Musik in den cathedrals und parish churches

Seit der Einführung des Anglikanismus wurde in den Kathedralen täglich ein Gottesdienst gefeiert.[151]Vgl. Long, Kenneth R.: The music of the English church. New York 1972. S. 39. Lieder wurden nicht nur von der Gemeinde, sondern auch von einem versierten, vierstimmigen cathedral choir gesungen. Der cathedral choir, bestehend aus vier bis sechzehn Knaben und den fünf bis zwölf erwachsenen Sängern, hatte seinen Platz im Chorgestühl der Chorraumes und zwar beidseitig sowohl an der Nordseite („cantoris“) und als auch an der Südseite („decani“).[152]Vgl. Krieg, Anglikanische Kirchenmusik. S. 23. Bis heute werden die Chorwerke meist doppelchörig komponiert, während Psalme in toto vom cathedral choirs vorgetragen werden.[153]Vgl. Long, Music of English Church. S. 39. Instrumentale Ensembles können ebenfalls mitwirken, in der Regel aber ist die Orgel das einzige gottesdienstliche Instrument und übernimmt auch die Begleitung des Chors.[154]Vgl. Krieg, Gustav A.: Einführung in die anglikanische Kirchenmusik. Köln 2007. Long, The music of the English church. S. 23; Temperley, Nicholas: Music in Church. In: Robert Fiske (Hg.): Music in … Continue reading Die zu vertonenden Teile des Morning Prayer sind 1) Venite (Ps 95), 2) Te Deum oder Benedicite sowie 3) Benedictus (Lk 1,68) oder Jubilate Deo (Ps 100).[155]Vgl. Krieg, Anglikanische Kirchenmusik. S. 31. Für einen ausführlichen Ablauf des Morning Service vgl. Krieg, Anglikanische Kirchenmusik. S. 19. Während des Communion Service[156]Für einen ausführlichen Ablauf des Communion Service vgl. Krieg, Anglikanische Kirchenmusik. S. 19-20. sind es die Responsorien zu den 10 Geboten, Credo, Sanctus und Gloria und im Evening Prayer[157]Für einen ausführlichen Ablauf des Evening Service vgl. Krieg, Anglikanische Kirchenmusik. S. 20. das Magnificat und Nunc dimittis.[158]Vgl. Krieg, Anglikanische Kirchenmusik. S. 31. Nachdem es seit dem 19. Jahrhundert den Morning Service nicht mehr täglich gab und die Chorbeteiligung während der Hauptmesse stark eingeschränkt wurde, wandten sich die Komponisten dem Evening Prayer zu.[159]Vgl. Ebd. S. 31. Eine vollständige Bibel, Credo, Vaterunser und die zehn Gebote sowie die Schriftlesung sollten in der Landessprache gehalten bzw. verfasst werden, vgl. Long, Music of English … Continue reading Das Book of Common Prayer gab die Ordnung des anglikanischen Gottesdienstes vor.[160]Vgl. Long, Music of English Church. S. 20; Krieg, Anglikanische Kirchenmusik. S. 15. Für weiterführende Informationen zum Book of Common Prayer siehe Long, Music of English Church. S. 22-25. Die Bedeutung der Kirchen als Arbeitgeber für Musiker verblasste während des 18. Jahrhunderts merklich.[161] Vgl. Wood, Romanticism and music culture in Britain 1770-1840. S. 67. Mitte des 18. Jahrhunderts setzten Männer wie John und Charles Wesley, John Berridge, George Whitefield, John Fletcher, Henry Venn, der Countess of Huntingdon als Evangelical Revival gegen Verweltlichung der Kirche und der Gesellschaft und setzten hierbei auf methodistisch-pietistische Methoden: persönliche Gespräche, Heil durch das Bibelstudium, strikte Selbstdisziplin und das geistliche Lied.[162]Vgl. Long, Music of English Church. S. 317-318; sowie Krieg, Anglikanische Kirchenmusik. S. 81-82. Diese neuen geistlichen Lieder charakterisierten Melodien in Tonschritten. So waren die Lieder für weniger Musikalische leichter vom Blatt zu singen, aber auch nicht zu monoton für versiertere Sänger.[163]Vgl. Rohr, The Caareers of British Muscicians. S. 9. Leider zogen viele Bischöfe ihrer liturgischen und seelsorgerischen Residenzpflicht ein Leben voller Luxus weltlichen Genüssen vor. Viele sahen die Kirchenmusik als Verschwendung ihres Geldes an und verkleinerten die Cathedral Choirs so stark, dass dieses kaum noch ihre Funktion erfüllen konnten. Am stärksten betroffen war der Chor von St. Paul’s, der von 42 Sängern auf sechs reduziert wurde. 1849 fasste Sebastian Wesley zusammen: “No cathedral in this country possesses, at this day, a musical force competent to embody and give effect to the evident intentions of the Church with regard to music.[164]Vgl. Long, Music of English Church. S. 317-322. Zit nach: Long, Music of English Church. S. 322.

In den ländlichen Gemeinden bestand die Kirchenmusik[165]Die Erforschung der provinziellen Kirchenmusik oder psalmody wird durch eine schlechte Überlieferungslage gehemmt. Auf Grund der dezentralisierten unstrukturierten Organisation gab es keine … Continue reading zum größten Teil aus einfachen unisono-Gesängen mit gut merkbaren Melodieverläufen ohne schwer singbare hohe und tiefe Töne.[166]Vgl. Long, Music of English Church. S. 37-38, 325; Krieg, Anglikanische Kirchenmusik. S. 23. In der Regel[167]Vgl. Long, Music of English Church. S. 325: Die Bräuche variierten. wurden Credo, Vater Unser und Glaubensbekenntnis gesprochen[168]Vgl. Ebd. S. 37. und die prose psalms, Lobgesänge und Responsorien metrisch rezitiert, da die Melodien im Book of Common Prayer rhythmisch zu anspruchsvoll waren. In den meisten Kirchen fehlte eine Orgel.[169]Vgl. Long, Music of English Church. S. 37, 325; Drage, A Reappraisal of Provincial Church Music. S. 173-183. Die meisten Gemeinden unterhielten einen Kirchenchor aus Laiensängern,[170]Vgl. Long, Music of English Church. S. 325. die in zeitgenössischen Berichten für ihre Unmusikalität gerügt wurden.[171]Vgl. Drage, Sally: A Reappraisal of Provincial Church Music. In: David Wyn Jones (Hg.): Music in Eighteenth Century Britain. Aldershot 2000. S. 174. Wie in den Städten erreichte auch die Gottesdienstpflege auf dem Land während des 18. Jahrhunderts ihren Tiefpunkt: Auch hier nahmen nur noch wenige Kleriker ihre kirchlichen Aufgaben wahr.[172]Vgl. Drage, A Reappraisal of Provincial Church Music. S. 173. Von Vetternwirtschaft, und dem “Zeitvertreib mit Jagen und Schießen” wird berichtet. Nur 40% hielten sonntags einen Gottesdienst in ihrer Gemeinde. So wurde in vielen Gemeinden die heilige Kommunion oft nur noch vierteljährlich ausgeteilt. Manche parish churches wurden so selten genutzt, dass sie zunehmend verschimmelten und baufällig wurden. Aber auch dort, wo sonntags weiterhin Gottesdienst gehalten wurde, wurde dieser als langweilig empfunden.[173]Vgl. Long, Music of English Church. S. 317. Doch um den Jahrhundertwechsel von 1800 erlebten manche Landgemeinden einen musikalischen Aufschwung: Es wurden Lieder, die der neuen, zeitgenössischen Kompositions- und Harmonielehre entsprachen, komponiert, kopiert und verbreitet.[174]Vgl. Caldwell, London. S. 44. Anthems[175]Der englische Begriff anthem wird hier benutzt um ihn von dem Terminus hymn/Hymnus abzugrenzen, da im Deutschen sowohl hymn als auch anthem gleichermaßen mit „Hymne“ übersetzt wird. Ein Anthem … Continue reading, Gottesdienst-Gesänge und Hymnen wurden mehr und mehr in den Verlauf der Gottesdienste in den ländlichen Gemeinden aufgenommen.[176]Vgl. Drage, A Reappraisal of Provincial Church Music. S. 172. Die Zahl der Kirchen mit einer Orgel stieg innerhalb des gesamten 18. Jahrhunderts von 30% auf 80%.[177]Vgl. Temperley, Music in Church. S. 380. Dennoch ermöglichte es erst das Church Building Act von 1818 den meisten provincial churches, sich ein Harmonium oder eine Pfeifenorgel anzuschaffen.[178]Vgl. Searle, London. Sp. 1458. Neben den von der Gemeinde gesungenen Liedern wurde auch das Repertoire von Kirchenchören modernisiert. Unterstützend wurden die Chöre seit Ende des 18. Jahrhunderts von umherreisenden Gesangslehrern für eine kurze Zeit geleitet und in den neuesten psalmodies unterrichtet. Das Repertoire wurde von den Gesangslehrern kopiert und untereinander ausgetauscht.[179]Vgl. Drage, Sally: A Reappraisal of Provincial Church Music. S. 176. Da es aber weiterhin keine dauerhaften Chorleiter und ausgebildete Organisten gab, änderte sich für einen Großteil der parish churches bis zum Ende des 19. Jahrhunderts kaum etwas.[180]Vgl. Long, Music of English Church. S. 326.

Embassy chapels

Bis 1791 war die öffentliche Gottesverehrung für Katholiken gesetzlich verboten.[181]Vgl. Temperley, Music in Church. S. 357; Olleson, Philip: The London Roman Catholic Embassy Chapels and their Music in the Eighteenth Centuries. S. 101. Die embassy chapels, die Kapellen jener Botschaften aus katholisch geprägten Ländern waren lange Zeit die einzigen Orte in London, wo eine katholische Messe gefeiert wurde. Hier, im geschützten Raum eines Botschaftsgeländes, konnte der katholische Glaube ohne Furcht vor Verfolgung ausgeübt werden. Diese Kirchen waren daher nicht nur für die Botschaftsangehörigen offen, sondern für alle Bürger Londons bzw. Englands. Erst durch die Catholic Relief Acts von 1778 und 1791 wurden die meisten der Strafgesetze gegen Katholiken widerrufen und die letzten verbleibenden Verbote schließlich 1829 durch das Catholic Emancipation Act aufgehoben, womit die embassy chapels ihre einzigartige Stellung mit der Zeit verloren. Nachdem es wieder öffentliche katholische Kirchen gab wurden sie zu “anachronistischen Relikten” der vergangenen Zeit. Die drei größten embassy chapels waren in den Botschaften von Portugal, seit 1747 in 74, South Audley Street, von Bayern, seit 1788 in der Warwick Street, und von Sardinien in der Duke Street (heute: Sardinian Street), Lincoln’s Inn Field.[182]Vgl. Olleson, Philip: The London Roman Catholic Embassy Chapels and their Music in the Eighteenth Centuries. In: David Wyn Jones (Hg.): Music in Eighteenth Century Britain. Aldershot 2000. S S. … Continue reading Anhaltspunkte für das musikalische Repertoire der embassy chapels erhalten wir beispielsweise von Carl Barbandt, der zeitweise Organist an der bayrischen embassy chapel war. Über seine Sammlung „Sacred Hymns, Anthems[183]Zu Anthems vgl. Temperley, Music in Church. S. 363-377., and Versicles“ von 1766 schrieb Vincent Novello knapp 60 Jahre später in einer anonymen Rezension im „Quartely Musical Magazine und Review“, sie wäre „the first attempt to introduce a deviation“ von der Gregorianik“.[184]Zit. nach: Olleson, The London Roman Catholic Embassy Chapels. S. 107. Vgl. Novello, Vincent: The Evening“ Service. In: Quartely Musical Magazine und Review (1823). S. 205. Zuvor wurden in den embassy chapels nur gregorianische Choräle gesungen. Barbandts neue Kompositionen war die erste Abweichung von dieser Norm.[185]Vgl. Searle, London. S. 1459. Seine Sammlung besteht aus zwei Teilen: Der erste Teil enthält  einfache, unkomplizierte Kompositionen für das Hochamt aller wichtigen Feste des Kirchenjahres und weiterhin neuvertont Domine salvum fac als Gebet für den König, Tantum ergo und Dies irae. Der zweite Teil besteht aus 55 Hymnen für Vesper und Komplet. Der Laienmusiker William Mawhood war in allen der drei vorgenannten embassy chapels in London als Organist und Chorsänger tätig war.[186]Vgl. Olleson, The London Roman Catholic Embassy Chapels. S. 108. Seine Tagebuchaufzeichnungen von Februar 1767 bis September 1790[187]Die Tagebücher von Mawhood sind teilweise abgedruckt und behandelt in: Reynolds, E. E. (Hg.): The Mawhood Diary. Selections from the Diary Note-Books of Publications. 50 Bände. London 1956. bieten detaillierteste Vorstellungen des musikalischen Repertoires über Datum, Ort und Liturgie dieser drei Kapellen.[188]Vgl. Olleson, The London Roman Catholic Embassy Chapels. S. 108-109. Mawhood erwähnte beispielsweise in den 1760er und den 1770ern zwei Messen von Samuel Webbe sen., zwei Messen von Thomas Augustine … Continue reading An der bayrischen Kapelle war spätestens ab Mitte der 1760er Samuel Webbe sen., Barbandts Assistent, die wichtigste Person der katholischen Kirchenmusik in England. Im Oktober 1775 beerbte er George Paxton als Organist der sardischen Kapelle und wirkte 1776 bis spätestens 1797 oder 1798 als Organist an der portugiesischen Kapelle, war aber weiterhin auch in der bayrischen Kapelle tätig. Damit besaß er in den drei wichtigsten embassy chapels jener Zeit die Kontrolle über die musikalische Organisation.[189]Vgl. Olleson, The London Roman Catholic Embassy Chapels. S. 111. Von der Nachfolge Paxtons berichtet Mawhood am 26. Oktober 1775 in seinem Tagebuch. Ein Rezensent schrieb in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts im „Quartely Musical Magazine und Review“ zu Webbes Messen, sie hätten universellen Charakter erreicht und bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts ihre Beliebtheit nicht verloren. In der sardischen Kapelle gab Webbe freitags kostenlosen Unterricht in Kirchenmusik. Unter seinen Schülern befanden sich auch Samuel Wesley und Vincent Novello, die später in den embassy chapels einen ähnlich großen Einfluss hatte wie er. Samuel Wesley schrieb hauptsächlich Motetten, Kirchenlieder und Psalmodien und arbeitete spätestens seit September 1778 an den embassy chapels. Vincent Novello fertigte seit November 1780 Kompositionen für den römischen Liturgieritus an und sang im Chor der sardischen und portugiesischen Kapelle. Dort kam er mit Webbe sen. in Kontakt und freundete sich mit seinem Sohn, Samuel Webbe jun., an. Kurze Zeit später wurde er Assistent des Organisten der sardischen Kapelle. Auch seine Kompositionen (u.a. A Collection of Sacred Music, 1811 und 1825) wurden Hauptbestandteil der Liturgie der embassy chapels. Sowohl Novello als auch Wesley wirkten während der Blütezeit der katholischen Kirchenmusik in England zwischen dem zweiten Catholic Relief Act 1791 und der Schließung der portugiesischen embassy chapel 1824. Wesley komponierte in dieser Zeit sein beliebtestes Werk „In exitu Israel“ (1810)[190] Vgl. Olleson,: The London Roman Catholic Embassy Chapels. S. 109-114. und Novello veröffentlichte mit seiner zweibändigen „A Collection of Sacred Music as performed at the Royal Portugese Chapel in London“ (1811) den Beweis für sein Kompositionsschaffen in der portugiesischen Kapelle.[191]Vgl. Olleson, The London Roman Catholic Embassy Chapels. S. 114. Zitat ohne bibliographischen Hinweis. Zugunsten der variety finden sich in dieser Samlung auch Arragements von Werken anderer … Continue reading Auch der rege Briefwechsel zwischen Mai 1811 und Dezember 1825 zwischen Novello und Wesley enthält viele Informationen über das Musikleben und Repertoire der embassy chapels im beginnenden 19. Jahrhundert: über Musik, die aufgeführt werden soll, Berichte über Folgen des Gottesdienstes, die Wesley während Novellos Abwesenheit durchführte, Wesleys Kommentare über die Kapläne und andere Dinge, die die Kapellen betrafen.[192]Vgl. Olleson, The London Roman Catholic Embassy Chapels. S. 115. Für eine Edition des Briefwechsels siehe Olleson, Philip (Hg.): The Letters of Samuel Wesley. Professional and Social Correspondance … Continue reading Bemerkenswert ist, dass sich während dieser Blütezeit zu Beginn des 19. Jahrhunderts die embassy chapels auch im anglikanischen Umfeld als Ort für vorzügliche Musikdarbietungen etablierten. So war die bayrische embassy chapels als “the shilling opera” bekannt, da Sänger von King’s Theatre hier als Solisten im Gottesdienst auftraten.[193]Vgl. Olleson, The London Roman Catholic Embassy Chapels. S. 117. Novellos älteste Tochter Mary schrieb in ihrer Biographie über ihren Vater: „It became a fashion to hear the service at the Portuguese chapel; and South Street, on a Sunday, was thronged with carriages waiting outside, while their owners crowded to suffocation the small, taper-lighted space within”.[194]Zit. nach: Olleson, The London Roman Catholic Embassy Chapels. S. 117. Vgl. Clarke: The Life and Labours of Vincent Novello. S. 4.

Schluss

Das englische Musikwesen im Georgian Age war in allen Bereichen vom Wandel der Zeit begriffen. Die von den Werken Händels und der opera seria begeisterte Oberschicht bekam ihren Wunsch nach variety und novelty gestillt, indem bereits bekannte und beliebte Musikwerke durch ihren Inhalt verändert wurden und selten noch dem Originalwerk entsprachen. Der Opernbesuch stillte zudem ihr Begehren nach Darstellung und Sich-in-Szene-setzen. Über viele Jahre hinweg bildete die Oper eine beinahe familiäre Vertrautheit, bis mehrere Faktoren diese im Verlauf weniger Jahrzehnte auflösten. Die auflösenden Faktoren bedingten sich einander: Nach der Vergrößerung des Auditoriums der Londoner Opernhäuser frequentierten auch kontinuierlich mehr Personen aus der middle class als Zuschauer zu Opernveranstaltungen. Sie waren durch die industrielle Revolution reich an Geld und Einfluss geworden und konnten sich oftmals auch für eine ganze Saison an Operndarbietungen einschreiben, subskribieren. Oder ein Mäzen spendierte ihnen einen Sitzplatz in der Loge, der vormals im Besitz eines Adeligen war. Die reichen Kapitalbesitzer besaßen oftmals mehr als ein verarmter Adeliger. Für die bisherigen Zuschauer der Oberschicht schwand mit der Vergrößerung des Zuschauerraumes und den vielen neuen Personen das bisherige Erlebnis des Opernbesuches: Man kannte immer weniger der Personen und konnte auch nicht mehr alle sehen. Darüber hinaus konnten sie sich mit der neuen Art von Oper, der opera buffa, nicht identifizieren – im Gegenteil zu den middle classes.

Jener Teil dieser middle classes, der reich an Bildung war und sich für Kunst interessierte, fand man selten unter den Opernbesucher. Sie spielten vielmehr Opern am heimischen Klavier und anderen Musikinstrumenten nach und knüpften Verbindungen zu Gleichgesinnten. Über diese Verbindungen war ein Opernbesuch möglich, jedoch nicht häufig. Doch oftmals gewann die Familie an Ansehen und Einfluss durch eine gute musikalische Ausbildung ihrer Töchter und damit ihre Verbindungen zur Oberschicht entwickelte.

Eine eigene Form der musikalischen, in sich eher geschlossenen Gruppen waren glee clubs und Freimaurerlogen.

Die Kirchenmusik ab dem endenden 18. Jahrhundert wurde im städtischen und ländlichen Bereich einer Reform unterzogen: Neu komponierte, leicht erlern- und singbare Lieder sollten der vorangeschrittenen Verweltlichung der anglikanischen Kirche entgegenwirken. Viele Geistliche kamen ihrer seelsorgerischen Pflicht nicht mehr nach und verweilten auf ihren Pfründen, anstatt Gottesdienst zu feiern. Ausgaben für neue Musik oder einen Chor waren für sie Verschwendung. Unter diesem Betragen litt nicht nur die Kirchenmusik, sondern auch der Gottesdienstbesuch im aAllgemeinen. Durch die Reformen sollte der Gottesdienst und insbesondere die Kirchenmusik wieder aufgewertet werden.

Die katholischen embassy chapels waren bis zum Catholic Relief Act ein abgeschlossener Bereich.

Nach Aufhebung dieses Gesetzes wurden namhafte englische Komponisten als Organisten angestellt, die für diese Anstellung oftmals konvertierten. Sie komponierten für den Gottesdienst neue, dem zeitgenössischen Stil entsprechende Werke, die die bisherigen Gottesdienstmelodien zu einem größeren Teil ersetzten. Parallel zum Niedergang der anglikanischen Kirchenmusik wurde die reiche musikalische Entwicklung des Gottesdienstes der embassy chapels vermehrt auch von Anglikanern wahrgenommen.

Das blühende englische Musikwesen gab in den Veränderungen der öffentlichen Musikveranstaltungen wie ein Spiegel wider, wie sich die gesellschaftliche Zusammensetzung und die Bedeutung gesellschaftlicher Schichten änderte: Die Oberschicht verlor zum Teil ihren Einfluss und Ansehen zu Gunsten der aufstrebenden middle classes.

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Fußnoten

Fußnoten
1 Vgl. Zum blühenden Londoner Konzertleben vor allem: 1) Philip, Robert: London. In: Stanley Sadie (Hg.): New Grove Dictionary of Music and Musicians. Band 15. London ²2001. 2) Holman, Peter: Eighteenth-Century English Music. Past, Present, Future. In: David Wyn Jones (Hg.): Music in Eighteenth Century Britain. Aldershot 2000. 3) Fiske, Roger: Concert Music II [in 1760 – 1800]. In: Henry D. Johnstone/Robert Fiske (Hgg.): The Eighteenth Century. The Blackwell History of Music in Britain. Band 4. Oxford 1990.
2 Zum Wandel der englischen Gesellschaft im 18. und 19. Jahrhundert vgl. Perkin, Harold: The Origins of Modern English Society 1780-1880. London 1969.
3 Vgl. Blom, Eric: Musik in England. Hamburg [1948]. S. 208.
4 Vgl. Ebd S. 234.
5 Vgl. Ebd. S. 208.
6 Vgl. Range, Matthias: William Boyce’ Anthem for the Wedding of King George III. In: Musical Times 147 (2006). S. 59-62, insbesondere S. 60.
7 Vgl. Blom, Musik in England. S. 230.
8 Vgl. Ebd. S. 230.
9 Vgl. Ebd. S. 256.
10 Vgl. Ebd. S. 234.
11 Vgl. Searle, London. Sp. 1467.
12 Vgl. Holman, Eighteenth-Century English Music. S. 4.
13 Vgl. Carr, Bruce: Theatre Music: 1800-1834. In: Nicholas Temperley/Charles G. Manns (Hgg.): The Romantic Age. The Blackwell History of Music in Britain. Band 5. Oxford 1988. S. 288.
14 Vgl. Carr, Theatre Music. S. 288.
15 Vgl. Fiske, Roger: English Theatre Music in the Eighteenth Century. London 1973. S. 259. Dazu gehörten Ballette, Pantomime, Sage, Zauberei o. ä.
16 Vgl. Carr, Theatre Music. S. 289.
17 Vgl. Searle, London. Sp.1461; Caldwell, England. S. 48.
18 Vgl. Carr, Theatre Music. S. 289; Faulstich, Werner: Die bürgerliche Mediengesellschaft (1700-1830). Göttingen 2002 (= Geschichte der Medien). S. 253-254.
19 Vgl. Caldwell, England. Sp. 50; Hall-Witt, Fashionable Acts. S. 17.
20 Vgl. Faulstich, Bürgerliche Mediengesellschaft. S. 254.
21 Vgl. Carr, Theatre Music. S. 289; Fiske, English Theatre. S. 256.
22, 71 Vgl. Fiske, English Theatre. S. 256.
23 Vgl. Ebd. S. 259.
24 Vgl. Wood, Gillen D’Arcy: Romanticism and music culture in Britain 1770-1840. Virtue and virtuosity. New York 2010. S. 56.
25 Zum patronage-System in der englischen Gesellschaft vgl. Perkin, The Origins of Modern English Society. S. 32-46.
26 Vgl. Wood, Romanticism and music culture in Britain 1770-1840. S. 57.
27 Vgl. Wood, Romanticism and music culture in Britain 1770-1840. S. 56; Rohr, Deborah: The Caareers of British Musicians. A Profession of Artisans. Cambridge 2001. S. 37; Fiske, Roger: Music in Society. In: Henry D. Johnstone/Robert Fiske (Hgg.): The Eighteenth Century. The Blackwell History of Music in Britain. Band 4. Oxford 1990. S. 10.
28 Zit. nach: Wood, Romanticism and music culture in Britain 1770-1840. S. 56.
29 Gründungsmitglieder waren Georg Friedrich Händel, Friedrich Wiedemann und Michael Festing.
30 Zu den großen Unterschieden der Bezahlung vgl. Blom, Musik in England. Hamburg. S. 194; Wood, Romanticism and music culture in Britain. S. 130; Hall-Witt, Jennifer: Fashionable Acts. Opera and Elite Culture in London 1780-1880. Durham 2007. S. 40; Woodfield, Ian: Opera and drama in eighteenth-century London. The King’s Theatre, Garrick and the business of performance. Cambridge 2001. (= Cambrige studies in opera) S. 199, 207. Die Hauptdarsteller der opera seria verdienten dabei teilweise doppelt so viel wie opera buffa-Hauptdarsteller.
31 Vgl. Woodfield, Opera and drama , S. 207; Hall-Witt, Fashionable Acts, S. 40; Fiske, English Theatre. S. 261.
32 Beginnend am Freitag nach Aschermittwoch.
33 Vgl. Zöllner, Eva: English Oratorio after Handel. The London Oratorio Series and its Repertory 1760 – 1800. Marburg 2002. S. 7, 19, 21; Mohn, Barbara: Das englische Oratorium im 19. Jahrhundert. Quellen, Traditionen, Entwicklungen. Paderborn (.a.) 2000 (= Beiträge zur Kirchenmusik 9).S. 19-21, 23; Fiske, Concert Music II. S. 211. Für den Erlass siehe Nicoll, Allardyce: A history of early eighteenth century drama 1700-1750. Cambridge 1925.S. 19.
34 Vgl. Mohn, Das englische Oratorium. S. 23.
35 Vgl. Zöllner, English Oratorio after Handel. S. 29.
36 Der impresario wiederum kümmerte sich im 18. Jahrhundert um die Verpflichtung der Musiker, war aber auch für die Wirtschaftlichkeit des Gebäudes und des Spielbetriebs verantwortlich.
37 Vgl. Zöllner, English Oratorio after Handel. S. 20.
38 Vgl. Ebd. S. 44.
39 Vgl. Ebd. S. 31, 48, 55.
40 Vgl. Ebd. S. 17, 46.
41 Vgl. Ebd. S. 47.
42 Vgl. Ebd. S. 17.
43 1 guinea entsprach 10s 6d.
44 Vgl. Zöllner, English Oratorio after Handel. S. 43-44, 55.
45 Vgl. Ebd. S. 48, 59, 61-64.
46 Vgl. Ebd. S. 56-58.
47 Vgl. Ebd. S 59, 64-65.
48 Vgl. Ebd. S. 59.
49 Vgl. Ebd. S. 65.
50 Vgl. Holman, Eighteenth-Century English Music. S. 6; Zöllner, English Oratorio after Handel. S. IX [Preface]; Wood. Romanticism and music culture in Britain 1770-1840, S. 22, 24, 30.
51 Vgl. Mohn, Das englische Oratorium. S. 20; Zöllner, English Oratorio after Handel. S. 4-5, 8, 31, 66. Neben Gesangssolisten traten auch Instrumentalsolisten auf. Typische Solo-Instrumente waren Orgel, Violine, Oboe, Querflöte, Cello, Horn, Fagott und Klarinette.
52 Vgl. Mohn, Das englische Oratorium, S. 31-43.
53 Vgl. Mohn, Das englische Oratorium. S. 20.
54 Um nicht wiederholend den Terminus „Opern und Oratorien“ zu verwenden, wird nachfolgend nur von der Oper geschrieben, jedoch immer auch die Oratorienaufführung gleichsam gemeint.
55 Vgl. Hall-Witt, Fashionable Acts. S. 3.
56 Vgl. Ebd. S. 266.
57 Vgl. Ebd. S. 4, 18, 265.
58 Vgl. Ebd. S. 24.
59 Vgl. Ebd. S. 18.
60 Vgl. Ebd. S. 266-267.
61 Vgl. Hall-Witt, Fashionable Acts, S. 266, 268.
62 Zit nach: Hall-Witt, Fashionable Acts. S. 23. Aufschlussreich für das Verständnis des Verhaltens dieses “event-orientierten” Publikums ist auch: Weber, William: Did People Listen in the 18th Century? In: Early Music 25 (1997). S. 678-681.
63 Vgl. Hall-Witt, Fashionable Acts. S. 24.
64 Vgl. Ebd. S. 40-43 Fiske, Music in Society. S. 14.
65 Vgl. Fiske, English Theatre. S. 258.
66 Vgl. Hall-Witt, Fashionable Acts. S. 23.
67 Vgl. Ebd. S. 10, 35-39; Willaert, Italian Opera at the King’s Theatre, S. 21-28.
68 Vgl. Hall-Witt, Fashionable Acts, S. 40.
69 Vgl. Ebd. S. 34.
70 Vgl. Ebd. S. 5.
72 Vgl. Hall-Witt, Fashionable Acts. S. 17-18.
73 Vgl. Ebd. S. 4; Fiske, Music in Society. S. 14; Fiske, English Theatre. S. 256.
74 Vgl. Fiske, English Theatre. S. 257; Fiske, Music in Society. S. 14; Hall-Witt, Fashionable Acts. S. 4.
75 Vgl. Hall-Witt, Fashionable Acts. S. 4.
76, 78 Vgl. Ebd. S. 57.
77 Vgl. Ebd. S. 60.
79 Vgl. Ebd. S. 155.
80, 89 Vgl. Ebd. S. 267.
81 Vgl. Hall-Witt, Fashionable Acts, S. 116, 130, 267.
82 Vgl. Ebd. S. 271.
83 Vgl. Ebd. S. 7.
84 Vgl. Ebd. S. 148-155.
85 Der zerstörerischste riot mit einem Schaden von £ 2.000 ereignete sich am 3. Februar 1762 in Covent Garden allerdings nicht wegen einer Preiserhöhung, sondern weil es nach drittem Akt nicht den üblichen Preisnachlass um 50% gab. Nach dem Hauptstück oder vor dem letzten Akt des Hauptstückes gab es eine Pause, in der manche Zuschauer das Theater verlassen konnten, andere es für die Hälfte des Preises betreten durften. Vgl. hierzu: The Gentleman’s Magazine: The Restauration and the Eighteenth Century. Topics. A Day in Eighteenth-Century London. Texts and Contexts. Evening: Playhouses. Dieser riot ist auch in anderer Literatur kurz behandelt: Carr, Theatre Music. S. 289; Fiske, English Theatre. S. 256-257; aer, Marc: Theatre and disorder in late Georgian London. Oxford 1992. S. 18-23, 238.
86 Vgl. Hall-Witt, Fashionable Acts, S. 271.
87 Vgl. Ebd. S. 116.
88 Vgl. Ebd. S. 25-26.
90 Vgl. Ebd. S. 3, 145, 155.
91 Vgl. Hall-Witt, Fashionable Acts. S. 5
92 Vgl. Willaert, Saskia: Italian Opera at the King’s Theatre in the 1760. The Role of the Buffi. In: David Wyn Jones (Hg.): Music in Eighteenth Century Britain. Aldershot 2000. S. 17-20; Haskins, Robert: Theatre Music II [in 1760 – 1800]. In: Henry D. Johnstone/Robert Fiske (Hgg.): The Eighteenth Century. The Blackwell History of Music in Britain. Band 4. Oxford 1990. S. 263.
93 Vgl. Willaert, Italian Opera at the King’s Theatre in the 1760. S. 30-33.
94 Die Musikstücke waren entweder vom Kontinent importiert oder vom Hauskomponisten für dieses Theaterhaus komponiert worden.
95 Vgl. Willaert, Italian Opera at the King’s Theatre in the 1760. S. 21-23; Hall-Witt, Fashionable Acts, S. 38.
96 Vgl. Willaert, Italian Opera at the King’s Theatre in the 1760. S. 25.
97 Vgl. Hall-Witt, Fashionable Acts, S. 45.
98 Vgl. Wood. Romanticism and music culture in Britain 1770-1840, S. 16; Sadie, Stanley: Music in the Home II [in 1760 – 1800]. In: Henry D. Johnstone/Robert Fiske (Hgg.): The Eighteenth Century. The Blackwell History of Music in Britain. Band 4. Oxford 1990. S. 313-314; Blom, Eric: Musik in England. S. 246-247.
99 Vgl. Caldwell, London. S. 35; Faulstich, Bürgerliche Mediengesellschaft. S. 294-298.
100 Vgl. Faulstich, Bürgerliche Mediengesellschaft. S. 299.
101 Vgl. Sadie, Music in the Home II. S. 314.
102 New Musical Magazine, 1783-[unbekannt], von James Harrison.
103 Pianoforte Magazine, 1799-1802, von James Harrison, Cluse & Co.
104 Vgl. Faulstich, Bürgerliche Mediengesellschaft. S. 296-299.
105 Vgl. Sadie, Music in the Home II. S. 323-351.
106 Vgl. Wood, Romanticism and music culture in Britain 1770-1840.S. 4; Searle, London. S. 1473.
107 Vgl. Wood, Romanticism and music culture in Britain 1770-1840. S. 53.
108 Vgl. Sadie, Music in the Home II. S. 336, 340, 343.
109 Vgl. Fiske, Music in Society. S. 4.
110 Vgl. Ebd. S. 8-9; Sadie, Music in the Home II. S. 324-327.
111 Vgl. Wood. Romanticism and music culture in Britain 1770-1840, S. 162-163.
112 Vgl. Petrat, Nicolai: Hausmusik des Biedermeier im Blickpunkt der zeitgenössischen musikalischen Fachpresse (1815-1848). Hamburg 1986. (=Hamburger Beiträge zur Musikwissenschaft 31) S. 99; Fiske, Music in Society. S. 5.
113 Vgl. Wood, Romanticism and music culture in Britain 1770-1840. S. 17, 155-159; Hall-Witt, Fashionable Acts, S. 44; Petrat, Hausmusik des Biedermeier, S. 98-99.
114 Vgl. Hall-Witt, Fashionable Acts, S. 44. Zit. nach: Kendall, Alan: Gioacchino Rossini. The Relunctant Hero. London 1992. S. 124.
115 Vgl. Wood. Romanticism and music culture in Britain 1770-1840, S. 166.
116 Vgl. Wood, Romanticism and music culture in Britain 1770-1840. S. 65., 155, 160-162 Siehe zur Bezeichnung der jungen Frauen als Automaten auch das Kapitel 5 dieses Sammelband, den Aufsatz „Austen’s accomplishment” im gleichen Sammelband von Wood, S. 151-179.
117 Vgl. Wood. Romanticism and music culture in Britain 1770-1840, S. 153-154.
118 Vgl. Wood. Romanticism and music culture in Britain 1770-1840, S. 153-157.
119 Vgl. Reimer, Erich: Hausmusik. In: Handwörterbuch der musikalischen Terminologie, 5. Auslieferung). Mainz 1977; Eibach, Joachim: Die Schubertiade. Bürgerlichkeit, Hausmusik und das öffentliche im Privaten, 2008. In: Themenportal Europäische Geschichte. (Letzter Zugriff: 29.07.2021).
120 Vgl. S. Habermas, Jürgen: Strukturwandel der Öffentlichkeit. Untersuchungen zu einer Kategorie der bürgerlichen Gesellschaft, Frankfurt am Main 1990. S. 44-45; Schwindt, Nicole: Kammermusik. In: Ludwig Finscher (Hg.): Musik in Geschichte und Gegenwart 2S, Bd. 4. Sp. 1641.
121 Vgl. zu den adeligen und bürgerlichen Salons auch: Wood. Romanticism and music culture in Britain 1770-1840, S. 155-157; Petrat, Hausmusik des Biedermeier, S. 238-249.
122 Vgl. Wood. Romanticism and music culture in Britain 1770-1840. S. 152-166; Budde, Gunilla: Blütezeit des Bürgertums. Bürgerlichkeit im 19. Jahrhundert. Darmstadt 2009. S. 62.
123 Vgl. Wood, Romanticism and music culture in Britain 1770-1840. S. 179. Zit. nach: Pichot, Amédée: Historical and Literary Tour of a Foreigner in England and Scotland. 2. Bände. London 1825. Band I, S. 188.
124 Vgl. Wood, Romanticism and music culture in Britain 1770-1840.  S. 201. Zit. nach: Reeve, Henry (Hg.): The Grenville Memoirs (Second part). A Journal of the Reign of Queen Victoria from 1837 to 1852 by the late Charles C. F. Grenville. 3 Bände. London 1885. Band I, S. 167-168.
125 Vgl. Hall-Witt, Fashionable Acts. S. 6-7.
126 Vgl. Ebd. Fashionable Acts, S. 42, 54-55, 227. Dieser Grund wird von James Johnson jedoch abgelehnt.; siehe Hall-Witt, Fashionable Acts. S. 7.
127 Vgl. Ebd, S. 227.
128 Vgl. Dahlhaus, Carl: Brahms und die Idee der Kammermusik. In: Neue Zeitschrift für Musik. Mainz 1973. S. 563.
129 Vgl. Jungmann, Irmgard: Sozialgeschichte der klassischen Musik. Bildungsbürgerliche Musikanschauung im 19. und 20. Jahrhundert. Stuttgart 2008. S. 24.
130 Vgl. besonders: Robins, Brian: The catch club in 18th-century England. In: Early Music 4 (2000). S. 517-529.
131 Vgl. Hurd, Michael: Glees, Madrigals, and Partsongs. In: Nicholas Temperley/Charles G. Manns (Hgg.): The Romantic Age. The Blackwell History of Music in Britain. Band 5. Oxford 1988. S. 243-246. Vgl. Langford, Englishness identified. Laut dessen Inhaltsverzeichnis gehören zu Englishness: energy (= industry, locomotion, physicality, melancholy, Gravity, Order, Practicality), candor (= plainness, openness, separateness, domesticity, honesty, humbug), decency (= barbarity, fair play, property, modesty), taciturnity (= silence, conversation, oratory, clubbability).
132, 134 Vgl. Hurd, Glees, Madrigals, and Partsons. S. 242.
133 Vgl. Blom, Musik in England. S. 210-211.
135 Vgl. Blom, Musik in England. S. 234.
136 Vgl. Hurd, Glees, Madrigals, and Partsons. S. 245-247.
137 Vgl. McVeigh, Simon: Freemasonry and Musical Life in London in the Late Eighteenth Century. In: David Wyn Jones (Hg.): Music in Eighteenth Century Britain. Aldershot 2000. S. 72-77. Liedtext: „Let faithful Masons’ healths go round, / in swelling [anschwellenden] cups all cares be drown’d [ertrunken], / And hearts united ‚mongst the Craft [Handwerk] be found / (…) My brethren, thus all cares resign [aufgeben], / Let your hearts glow [glüht] with thoughts divine, / And veneration [Bewunderung] show to Solomon’s shrine.“.
138 Vgl. McVeigh, Simon: Freemasonry and Musical Life in London in the Late Eighteenth Century. S. 75-77.
139 „Lodge opened in the Third Degree in an adjacent Room, Procession entered the Lodge Room, and the usual ceremonies being observed, the Three Rulers were seated. A piece of music was then performed, and the 12 Assistants entered in procession and after repairing to their stations the Chapter was opened in solemn form. Brother Barker then rehearsed the Second Section. A piece of music was then performed by the instruments. Brother Preston then rehearsed the third Section. An Ode on Masonry was then sung by three voices. Brother Hill rehearsed the 4th Section, after which a piece of solemn music was performed. Bror. Brearley rehearsed the 5th Section, and the funeral procession was formed during which a solemn dirge was played and this ceremony concluded with a Grand Chorus. Bror. Berkley rehearsed the 6th Section, after which an anthem was sung. Bror. Preston then rehearsed the 7th Section, after which a song in honour of Masonry, accompanied by the instruments was sung. The Chapter was then closed with the usual solemnity, and the Rulers and twelve Assistants made the procession round the Lodge, and then withdrew to an adjacent Room, where the Master’s Lodge was closed in due form.“, zit. nach McVeigh, Simon: Freemasonry and Musical Life in London in the Late Eighteenth Century. S. 82.
140 Vgl. McVeigh, Simon: Freemasonry and Musical Life in London in the Late Eighteenth Century. S. 83-84, sowie Anmerkungen im Anhang S. 95.
141 Vgl. McVeigh, Simon: Freemasonry and Musical Life in London in the Late Eighteenth Century. S. 78-79. Ebenso werden Musiker mit Freimaurerei in Verbindung gebracht, deren Zugehörigkeit sich aber nicht beweisen oder aber widerlegen lässt. Oft resultieren diese Gerüchte durch in Oper oder Oratorium verarbeitete Elemente, die dem Gedankengut der Freimaurer nahe stehen.
142, 147 Vgl. McVeigh, Simon: Freemasonry and Musical Life in London in the Late Eighteenth Century. S. 79.
143 Vgl. McVeigh, Simon: Freemasonry and Musical Life in London in the Late Eighteenth Century. S. 79-80. Vgl. zu “Lodge of Antiquity” auch: Rylands, W. H./Firebrace C. W.: Records of the Lodge Original No. 1 Now the Lodge of Antiquity, No. 2. London 1911-26.
144 Vgl. McVeigh, Simon: Freemasonry and Musical Life in London in the Late Eighteenth Century. S. 80-81. Vgl. zu “Lodge of the Nine Muses” auch: An Account of the Lodge of the Nine Muses No. 235 from its foundation in 1777 to the Present Time. London 1940; und zum Mitglied Johann Christian Bach: Warburton, E.: Johann Christian Bach und die Freimaurer-Loge zu den Neun Musen in London. In: Bach-Jahrbuch 1978 (1992). S. 113-117.
145, 150 Vgl. McVeigh, Simon: Freemasonry and Musical Life in London in the Late Eighteenth Century. S. 81. Vgl. zu “Pilgrim” auch: O’Leary, N.: The History of Two Hundred Years of Pilgrim Lodge No. 238. London 1979.
146 Vgl. McVeigh, Simon: Freemasonry and Musical Life in London in the Late Eighteenth Century. S. 79. Vgl. zu “Somerset House Lodge” auch: Oxford, A. W.: No. 4. An Introduction to the History of the Royal Sommerset House and Inverness Lodge. London 1928.
148 Vgl. McVeigh, Simon: Freemasonry and Musical Life in London in the Late Eighteenth Century. S. 79-80. Vgl. zu “Lodge of Antiquity” auch: Rylands, W. H./Firebrace C. W.: Records of the Lodge Original No. 1 Now the Lodge of Antiquity, No. 2. London 1911. S. 26.
149 Vgl. McVeigh, Simon: Freemasonry and Musical Life in London in the Late Eighteenth Century. S. 80-81. Vgl. zu “Lodge of the Nine Muses” auch: An Account of the Lodge of the Nine Muses No. 235 from its foundation in 1777 to the Present Time. London 1940; und zum Mitglied Johann Christian Bach: Warburton, E.: Johann Christian Bach und die Freimaurer-Loge zu den Neun Musen in London. In: Bach-Jahrbuch 1978 (1992). S. 113-17.
151 Vgl. Long, Kenneth R.: The music of the English church. New York 1972. S. 39.
152 Vgl. Krieg, Anglikanische Kirchenmusik. S. 23.
153 Vgl. Long, Music of English Church. S. 39.
154 Vgl. Krieg, Gustav A.: Einführung in die anglikanische Kirchenmusik. Köln 2007. Long, The music of the English church. S. 23; Temperley, Nicholas: Music in Church. In: Robert Fiske (Hg.): Music in Britain. The Eighteenth Century. Oxford 1990. S. 359.
155 Vgl. Krieg, Anglikanische Kirchenmusik. S. 31. Für einen ausführlichen Ablauf des Morning Service vgl. Krieg, Anglikanische Kirchenmusik. S. 19.
156 Für einen ausführlichen Ablauf des Communion Service vgl. Krieg, Anglikanische Kirchenmusik. S. 19-20.
157 Für einen ausführlichen Ablauf des Evening Service vgl. Krieg, Anglikanische Kirchenmusik. S. 20.
158 Vgl. Krieg, Anglikanische Kirchenmusik. S. 31.
159 Vgl. Ebd. S. 31. Eine vollständige Bibel, Credo, Vaterunser und die zehn Gebote sowie die Schriftlesung sollten in der Landessprache gehalten bzw. verfasst werden, vgl. Long, Music of English Church. S. 19-20.
160 Vgl. Long, Music of English Church. S. 20; Krieg, Anglikanische Kirchenmusik. S. 15. Für weiterführende Informationen zum Book of Common Prayer siehe Long, Music of English Church. S. 22-25.
161 Vgl. Wood, Romanticism and music culture in Britain 1770-1840. S. 67.
162 Vgl. Long, Music of English Church. S. 317-318; sowie Krieg, Anglikanische Kirchenmusik. S. 81-82.
163 Vgl. Rohr, The Caareers of British Muscicians. S. 9.
164 Vgl. Long, Music of English Church. S. 317-322. Zit nach: Long, Music of English Church. S. 322.
165 Die Erforschung der provinziellen Kirchenmusik oder psalmody wird durch eine schlechte Überlieferungslage gehemmt. Auf Grund der dezentralisierten unstrukturierten Organisation gab es keine regionale oder überregionale Archive für Musikwerke. Einen Vorstoß wagte Nicholas Temperley mit seiner zweibändigen Untersuchung „The Music of the English Parish Church“, für die er 756 englische psalmody-Bücher von 1700-1820 mit insgesamt 17.424 englischen und amerikanischen Strophenpsalmen und Hymnen auswertete. Siehe: Temperley, Nicholas: The Music of the English Parish Church. 2 Bände. Cambridge 1979.
166 Vgl. Long, Music of English Church. S. 37-38, 325; Krieg, Anglikanische Kirchenmusik. S. 23.
167 Vgl. Long, Music of English Church. S. 325: Die Bräuche variierten.
168 Vgl. Ebd. S. 37.
169 Vgl. Long, Music of English Church. S. 37, 325; Drage, A Reappraisal of Provincial Church Music. S. 173-183.
170 Vgl. Long, Music of English Church. S. 325.
171 Vgl. Drage, Sally: A Reappraisal of Provincial Church Music. In: David Wyn Jones (Hg.): Music in Eighteenth Century Britain. Aldershot 2000. S. 174.
172 Vgl. Drage, A Reappraisal of Provincial Church Music. S. 173.
173 Vgl. Long, Music of English Church. S. 317.
174 Vgl. Caldwell, London. S. 44.
175 Der englische Begriff anthem wird hier benutzt um ihn von dem Terminus hymn/Hymnus abzugrenzen, da im Deutschen sowohl hymn als auch anthem gleichermaßen mit „Hymne“ übersetzt wird. Ein Anthem ist im engeren Sinne aus den mehrstimmigen Antiphonen entstanden, die schon vor der Reformation an Festtagen sowohl zu bestimmten Gottesdiensten als auch zu anderen liturgischen Festlichkeiten außerhalb des Gottesdienstes aufgeführt wurden. Nach der Reformation wandelte es sich zum reformatorischen Gegenstück zur Motette, ist textlich an die theologischen Maßstäbe des Book of Common Prayer gebunden und musikalisch an das reformatorische Interesse an Wort-Verständlichkeit. Aber schon bald nach der Reformation wurde es musikalisch freier verwendet und gilt als Sinnbild für einen für Chor und Orgel arrangierten Satz. Auch die musikalische Form des Anthem ist nicht fest bestimmt.
176 Vgl. Drage, A Reappraisal of Provincial Church Music. S. 172.
177 Vgl. Temperley, Music in Church. S. 380.
178 Vgl. Searle, London. Sp. 1458.
179 Vgl. Drage, Sally: A Reappraisal of Provincial Church Music. S. 176.
180 Vgl. Long, Music of English Church. S. 326.
181 Vgl. Temperley, Music in Church. S. 357; Olleson, Philip: The London Roman Catholic Embassy Chapels and their Music in the Eighteenth Centuries. S. 101.
182 Vgl. Olleson, Philip: The London Roman Catholic Embassy Chapels and their Music in the Eighteenth Centuries. In: David Wyn Jones (Hg.): Music in Eighteenth Century Britain. Aldershot 2000. S S. 101-104. Für weiterführende Informationen vgl. Darby, Rosemarie: The Music of the Roman Catholic Embassy Chapels in London 1765 to 1825. Manchester 1984.
183 Zu Anthems vgl. Temperley, Music in Church. S. 363-377.
184 Zit. nach: Olleson, The London Roman Catholic Embassy Chapels. S. 107. Vgl. Novello, Vincent: The Evening“ Service. In: Quartely Musical Magazine und Review (1823). S. 205.
185 Vgl. Searle, London. S. 1459.
186 Vgl. Olleson, The London Roman Catholic Embassy Chapels. S. 108.
187 Die Tagebücher von Mawhood sind teilweise abgedruckt und behandelt in: Reynolds, E. E. (Hg.): The Mawhood Diary. Selections from the Diary Note-Books of Publications. 50 Bände. London 1956.
188 Vgl. Olleson, The London Roman Catholic Embassy Chapels. S. 108-109. Mawhood erwähnte beispielsweise in den 1760er und den 1770ern zwei Messen von Samuel Webbe sen., zwei Messen von Thomas Augustine Arne als Organist der sardischen Kapelle, eine Messe von Stephen Paxton und eine Messe von Francesco Pasquale Ricci, die sich zum Teil in späteren Musiksammlungen wiederfinden lassen.
189 Vgl. Olleson, The London Roman Catholic Embassy Chapels. S. 111. Von der Nachfolge Paxtons berichtet Mawhood am 26. Oktober 1775 in seinem Tagebuch.
190 Vgl. Olleson,: The London Roman Catholic Embassy Chapels. S. 109-114.
191 Vgl. Olleson, The London Roman Catholic Embassy Chapels. S. 114. Zitat ohne bibliographischen Hinweis. Zugunsten der variety finden sich in dieser Samlung auch Arragements von Werken anderer Künstler.
192 Vgl. Olleson, The London Roman Catholic Embassy Chapels. S. 115. Für eine Edition des Briefwechsels siehe Olleson, Philip (Hg.): The Letters of Samuel Wesley. Professional and Social Correspondance 1797-1837. Oxford 2001.
193 Vgl. Olleson, The London Roman Catholic Embassy Chapels. S. 117.
194 Zit. nach: Olleson, The London Roman Catholic Embassy Chapels. S. 117. Vgl. Clarke: The Life and Labours of Vincent Novello. S. 4.

Juden in der Burschenschaft im 19. Jahrhundert

Diese Hausarbeit habe ich im Wintersemester 2005/06 im Seminar “Urburschenschaftlicher und nationaler Gedanke im 19. und 20. Jahrhundert” bei Dr. Helma Brunck (Geschichte, Uni Mainz) verfasst.

Einleitung

Juden repräsentieren 2006 in Deutschland einen Bevölkerungsanteil von 100.000 bei 80 Mio. Bis 1938 waren es 600.000 in Deutschland bei 60 Mio. Und 200.000 in Österreich. Diskriminiert wurden Juden in allen Zeitepochen, auch wenn es immer wieder auch friedlich Zeiten hab.

Viele Berufe waren ihnen verwehrt, wie z. B. der “ehrbare” Handwerksberuf. So ist es nicht verwunderlich, dass so viele Juden als Händler den Lebensunterhalt verdienten oder mit Geldgeschäften. Dieser Umgang mit Gold im Allgemeinen schürte den Neid der nicht jüdischen Bevölkerung. Eine militärische Laufbahn oder ein Studium waren ihnen in den deutschen Landen verwehrt. Das Leben wird in einem Judenviertel gestattet, in denen oft drangvolle Enge herrschte und in vielen Kommunen des Nachts zusätzlich abgesperrt wurde.

Im Mittelalter und der frühen Neuzeit existierte die Rassenideologie des Antisemitismus’ noch nicht. Der Hass richtete sich nicht auf die Juden als “Rasse”, sondern auf das Judentum als unbekannte Gruppe, die sich überall ausbreitete. Sie wurden als „Chistusmörder“ beschimpft. Wenn etwas Negatives geschah, dass man sich nicht erklären konnte, Missernten, Pest oder andere Seuchen ausbrachen, gab man den Juden die Schuld. In Wut plünderte und zerstörte man ihre Häuser und beschimpfte, verletzte oder tötete viele. Berüchtigt sind die Gräueltaten der Horden des 1. Kreuzzuges, die entlang des Rheines zogen und alle Juden, denen man habhaft werden konnte, umbrachten.

In der großen Stadt Frankfurt am Main wurde ein Ghetto für die Juden errichtet, dass nur aus einer einzigen langen Straße bestand. In diesem Frankfurter Ghetto muss es schrecklich gewesen sein. In Heinrich Heines „Rabbi von Bacherach“ wird das Ghetto als ein heruntergekommenes Elendsviertel und Bakterienherd beschrieben.[1]Vgl. Heine, Rabbi von Bacherach, S. 15.

In der frühen Neuzeit und der Epoche der Aufklärung veränderte sich die Stellung der Juden in Deutschland zum positiven, die mit dem Namen Moses Mendelssohn (1729-1786) einhergingen.

Moses Mendelssohn kam als Kind alleine nach Berlin, um dort von einem Rabbiner unterrichtet und selbst Rabbiner zu werden. Anfangs sprach der nur Jiddisch, lernte jedoch schnell das Deutsche  und einige andere Sprachen durch die Lektüre verschiedenster deutschen und ausländischen Werke.[2]Werke, die nicht in Jiddisch geschrieben waren, waren jedoch damals Juden verboten zu lesen, da sie als „verderblich“ angesehen wurden.  Aber Mendelssohn hatte Glück und ebenso weltoffene … Continue reading Mendelssohn wurde über die deutschen Grenzen hinaus mit seinen populär-philosophischen Schriften bekannt, die von seinen Zeitgenossen sehr geschätzt wurde. Allerdings gerieten sie unter der Popularität von Kant und Herder schnell wieder in Vergessenheit. Mendelssohn war ein enger Freund von Ephraim Lessings und dient Lessing als lebendes Vorbild für seinen Nathan den Weisen.[3]Vgl. Kampmann, Deutsche und Juden, 100.

Mitz der Ausweitung der französischen Herrschaft über Deutschland nach der französischen Revolution auf die deutschen Lande und den Eroberungen durch Napoleon wurde die Aufklärung auch gesetzlich durch den Code Civil (1804) und das Hardenberg’sche Edikt (1812) deutlich gebessert und die Ghettos abgeschafft.

1812 erhielten die Juden zeitweise die Bürgerrechte mit der Einschränkung des §9, in dem sich der preußische König die Zulassung selbiger zum Staatsdienst vorbehält.

Der Wiener Kongress 1814/15 hob die Gleichberechtigung der Juden wieder auf. Erneut folgten Judenverfolgung und Pogrome. Es eine Zeit, in der viele Juden zum Schutz und um die Freiheit zu nutzen, zum Christentum übertraten.

Bei den Befreiungskämpfen der deutschen Staaten gegen Napoleon kämpften viele deutsche Juden mit und waren von der deutschen patriotischen Idee mindestens so sehr überzeugt wie ihre christlichen Landsmänner. Allerdings hatten jüdische Soldatenn keinen Anspruch auf staatliche Versorgung.  Aber mit dem Wiener Kongress 1814/15 erlitten sie einen herben Rückschlag, da sie immer noch keine volle Gleichberechtigung erhielten.[4]Vgl. Czermak, Christen gegen Juden, 118.

Die Burschenschaft und ihr Antijudaismus

[5]Der Begriff Antisemitismus, der den Hass gegen die jüdische Rasse beschreibt und in den 1880er Jahren erst geprägt wurde, war hier nicht der Auslöser. Und dennoch wurde hier die Wiege für ihn … Continue reading 1812 veröffentlichte Karl August Fürst von Hardenberg sein Edikt zur Judenemanzipation in Preußen. Da die Juden bereit waren, dasselbe wie Christen an Pflichten zu erledigen, wäre es nur schlüssig, dass diese auch dieselben Rechte genießen dürfen, begründetete er dieses Edikt.[6]Vgl. Kampmann, Deutsche und Juden, 134.

Schon zuvor gab es Arten von Toleranzedikten für Juden von Kaiser Joseph II. aus dem Jahr 1782, die amerikanische Unabhängigkeitsverfasung von 1787 und die schon erwähnte französische Verfassung von 1791.[7]Vgl. Czermak, Christen gegen Juden, 117.

Als Gegenreaktion auf die Hardenberg’schen Reformen gründeten Achim von Arnim[8](1781-1831), Jurastudium. Publizist, viele Reisen. Brachte  mit Brentano “Des Knaben Wunderhorn” heraus. und Adam Müller am 18. 1. 1811 in Berlin die Deutsche Tischgesellschaft. Ihr schlossen sich einige Akademiker an. Die Mitglieder bestanden zu einem großen Teil aus den gebildeten Schichten. Sie verband ein antijudaischer, teils auch schon antisemitischer und antifranzösischer Patriotismus. “Freie Meinungsbildung” und “demokratische Diskussionen” waren in den Statuten festgeschrieben. Die Zulassungsbestimmungen ließen nur “ehrhafte, sittliche, christliche Männer, aber keine Philister[9]Mit “Philister” sind in der Sprache der Studentenverbindung die “Alten Herren” gemeint, also ehemalig Aktive in einer Verbindung. Mitglied werden. Sie trafen sich einmal in der Woche, tranken Bier und hielten Reden. Die bekanntesten Tischreden sind Brentanos Philister Rede und Arnims “Über die Kennzeichen des Judentums” vom 1811, in der er die körperliche Stigmatisierung der Juden forderte. Sie hätten bestimmte Neigungen wie Spekulationen und Verschlagenheit, und frönen einem reaktionären Antikapitalismus. Der Vorwurf, der Jude sei von Natur aus ein Geldmensch, ein “Wucherer” und “Blutsauger” war in Wirklichkeit nie erloschen. Begeistert waren auch alle, als Arnim über die sittliche Verkommenheit der Juden und ihren abscheulichen körperlichen Merkmalen  wie Körpergeruch, Erbkrankheiten, Geruch nach Zwiebeln und Knoblauch und andere körperliche Eigenheiten wie zum Beispiel Blähungen.[10]Vgl. Elon, Aus einer anderen Zeit, 104. Er mahnte die anderen Mitglieder, darauf zu achten, dass kein Jude in ihrem Verein Mitglied werden dürfe. Zur Überprüfung empfahl er “die Auflösung der Juden in ihre Bestandteile”.

Auch Johann Gottlieb Fichte[11](1762-1814), Professor für Philosophie. Erster Rektor an der neugegründeten Humboldt-Universität in Berlin. gehörte zum Kreis der Tischgesellschaft. Er war Philosoph und gilt mit Schelling und Hegel als wichtigster Vertreter des deutschen Idealismus’ und als einer der geistlichen Begründer der Burschenschaft. Er kritisierte das Duellwesen, die Trinksitten und Raufereien der damaligen Landsmannschaften und hegte die Idee einer gesamtdeutschen Organisation. Er definierte Nationen als biologische Wesen, die aus dem Volksgeist entstünden und träumte von seinem Ideal der deutschen Nation: Einer homogenen Gesellschaft ohne Adel, Zünfte und Juden.

Solche völkischen, antiliberalen und judenfeindlichen Ideen sind nicht nur in der Tischgesellschaft, sondern auch im Tugendbund Friedrich Ludwig Jahns, in Turnvereinen und Burschenschaften zu finden. In Jahns Turnbund waren Juden streng ausgeschlossen und als “Nicht-Deutsche” diffamiert.[12]Vgl. Sterling, Judenhaß, 148.

Jahn[13](1778-1852), erlagte als Schüler und Student keinen Abschluss. Gründer der Turnbewegung und damit verbunden des schulischen Turnunterrichtes. Wurde in Verbindung mit den Karlsbader Beschüssen … Continue reading äußerte sich offen und scharf antijüdisch und antifranzösisch. Er behauptete, Polen, Franzosen, Geistliche, Adel und Juden wären Deutschlands Unglück.[14]Vgl. Sterling, Judenhaß, 148. Er rief Studenten der Universität Jena und anderen Universitäten zum Kampf in der Völkerschlacht bei Leipzig 1813 gegen Napoleon auf. Seine Ideen und sein Gedankengut verbreiteten sich unter den Studenten. Das Wartburgfest 1817 fand auf seine Initiative statt. Ernst Moritz Arndt[15](1769-1860), studierte evangelische Theologie, Geschichte, Erd- und Völkerkunde, Sprachen und Naturwissenschaften und war Professor in Greifswald und Bonn. Wurde allerdings zeitweise wegen seiner … Continue reading Sein Gedicht “Was ist des Deutschen Vaterland?” wurde vertont und war eines der am meisten gesungenen Lieder der Burschenschafter. Wenig später nach der Rückkehr der Studenten aus der Völkerschlacht bei Leipzig gründeten sie am 12. Juni 1815 die Jenaischen Burschenschaft.

Auch der Einfluss von Professor Jakob Friedrich Fries[16](1773-1843), Professor für Philosophie. Zeitweise wegen Konakt zur burschenschaftlichen Bewegung entlassen. auf die Jenaer Burschenschaft war bedeutend. Fries forderte die Studenten auf, ihren Individualismus und die Humanitätsideale der Aufklärung aufzugeben und sich zu dem “deutschen Volkstum” zu bekehren. Von seinen Heidelberger und Jenaer Studenten verlangte er, zuerst die jüdischen Studenten als “Feinde unserer Volkstümlichkeit” auszuschließen. Es gab aber auch eine andere Heidelberger Verbindung, die “Teutonen”, die gegen die so genannten “Friesianer” und kämpften für die Zulassung von Juden in Burschenschaften eintraten[17]Vgl. Sterling, Judenhaß, 119.. Fries war der einzige Professor, der an der Bücherverbrennung anlässlich des Wartburgfestes anwesend war.[18]Vgl. Sterling,  Judenhaß, 148.

In den Statuten zur Deutschen Burschenschaft wurde 1815 nichts zur Judenfrage und zum Waffenzug niedergeschrieben. Dennoch gab es schon von Anfang an Burschenschaften mit stark antijüdischen Ideologien. Die Jenaer Burschenschaft der “Unbedingten” beispielsweise nahm in ihre eigene Verfassung den Artikel auf, dass “nur ein Deutscher und Christ” in die Burschenschaft eintreten könne.[19]Vgl. Kampmann, Deutsche und Juden, 156f. Auch die Gießener Verbindung “Die Schwarzen” leiteten ihre “Christlichkeit” aus der germanischen Volkstümlichkeit als Gegenprinzip zur Jüdischen her.[20]Vgl. Sterling,  Judenhaß, 148.

Am 18. Oktober 1819 wurde im Gedenken an die Völkerschlacht bei Leipzig und an den Zufluchtsort Luthers auf der Wartburg ein Gedenkfest von der Jenaer Burschenschaft veranstaltet. Es wurden Reden und ein Festgottesdienst gehalten. Spät in der Nacht verrichtete der härteste Kern eine Verbrennung von “nicht-deutscher” Literatur und Symbolen der unterdrückung. Mit dabei war das Werk “Germanomanie” von dem jüdischen Schriftsteller Saul Ascher als sinnbildliche Ermordung Aschers.[21]Veröffentlichte 1815 seine Schrift mit dem programmatischen Namen “Germanomanie” und verurteilte darin Nationalismus und Deutschtümelei Germanomanie” war eine abwertende … Continue reading Diese Szenen ließen Heine 1820  in seinem Werk Almansor schreiben: “Das war ein Vorspiel nur, dort wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen.”.[22]Zit. nach: Heine, Almansor, S. 10.

Keiner von den in diesem Kapitel aufgezählten sich antijüdisch äußernden Personen kannte die Realität des Judentums.  Sie sahen das Judentum als eine durch Religion verschwommene Krämer- und Trödlerkaste an, die über die ganze Welt verbreitet war. Da eine Händlerkaste aber kein Staat sei und ein Staat sowieso nicht über die ganze Erde verbreitet sein konnte, hatten die Juden kein Vaterland, konnten somit nicht für ein Vaterland kämpfen und schon gar nicht für das deutsche und deshalb konnte ein deutscher Staat die Juden nicht als Bürger aufnehmen.[23]Vgl. Kampmann, Deutsche und Juden, 155.

Fries erläuterte einmal, dass man ihm die jüdische Eigenschaft gelobt habe und auch bewiesen habe, dass die Zahl der jüdischen Verbrecher sehr gering sei. Fries antwortete, er wisse, dass sie sich gern von Mord und Totschlag zurückhielten, solange noch einige Gefahr dabei sei, aber ein Christ nenne diese Eigenschaft  Feigheit, die man nicht zu den Tugenden, sondern zu den Lastern zähle. Diese überhebliche Anmerkung war einer der radikalen Äußerungen, die den Jenaer Studenten Karl Sand anstachelten, den reaktionären Dramatiker Kotzebue am 23. März 1819 zu ermorden. Als Rechtfertigung gab er nur seine Überzeugung an. Nach seiner Auffassung heilige die eigene Überzeugung alle Mittel. Damit hob er die Überzeugung zu einem universellen Richt- und Rechtfertigungsschwert. Das reichte den Richtern nicht als Rechtfertigung und er wurde zum Tode verurteilt. Nachdem ein Selbstmordversuch scheiterte, fand er sich erfolgreich in einer Rolle als Märtyrer für die Nationalbewegung ein. Die schnelle Reaktion der Obrigkeit waren die Karlsbader Beschlüsse.[24]Verbot der Burschenschaftem, Überwachung der Universitäten, Pressezensur, Entlassung und Berufsverbot für liberal und national gesinnte Professoren, Exekutionsordnung, Universitätsgesetz, … Continue reading Doch die Beschlüsse engten die Burschenschaften und die nationale Bewegung nicht so entscheidend ein, wie dies erforderlich gewesen wäre. Zusätzliche Wut bei den Burschenschaftern auf. Als sich in Würzburg ein älterer Professor zugunsten der Juden äußerte, begannen die Studenten aus Spott vor seinem Haus “Hep-Hep[25]Abkürzung für “Hierosolyma est perdita”: Jerusalem ist verloren. Der Ruf soll auf einen Schlachtruf von römischen Soldaten während der Belagerung Jerusalems im Jahr 70  zurückgehen. … Continue reading! Jud’ verreck’!” zu rufen und warfen ihm Bestechlichkeit vor. Wie eine Lunte weitete sich die Aktion rasend schnell in der ganzen Stadt aus. Auch das Kleinbürgertum beteiligte sich daran, alle jüdischen Gebäude und Häuser zu zerstören und zu plündern. Die Tumulte wurden immer zerstörerischer. Manche erinnerte der Zustand an eine Radierung Merians von 1617, die einen Progrom im Frankfurter Ghetto zeigt, ein anderer Augenzeuge wähnte sich im Jahr 1419 und nicht 1819.[26] Vgl. Elon, Aus einer anderen Zeit, 108f.

Am Ende gab es zahlreiche Verwundeten und Tote. Die Behörden reagierte nich und erst als Soldaten eingriffen, trat Ruhe ein. Der Hass vieler Menschen blieb und sie forderten die Ausweisung aller Juden aus Würzburg.[27]Vgl. Kampmann, Deutsche und Juden, 160. Wie in Würzburg war es in vielen anderen Städten.

Da alles zerstört worden war, flohen viele Juden aus der Stadt ohne Hab und Gut auf das Land.[28]Vgl. Graetz, Geschichte der Juden, 334 und Elon, Aus einer anderen Zeit, 108. Ca. 90% der deutschen Juden waren arm oder sehr arm. 10% der sehr armen waren Bettler. Diese armen Würzburger Juden wehrten sich nicht gegen die Angriffe, weil sie entweder zu eingeschüchtert waren oder darin vertrauten, dass die Ordnung wieder hergestellt werden würde. Die Zurückhaltung des jüdischen Bürgertums jener 10% lässt vermuten, dass es sich nicht für das Schicksal des jüdischen Kleinbürgertums und der jüdischen Armen interessierte.[29]Vgl. Elon, Aus einer anderen Zeit, 111.

Die gleichen Vorgänge gab es in den folgenden Wochen auch in anderen deutschen Städten an der Küste, am Rhein und besonders südlich des Mains.[30]Vgl. Graetz, Geschichte der Juden, 335. Überall musste die Obrigkeit für Ordnung sorgen. Der Koblenzer Polizeichef schreibt in einem Bericht, die Erregung habe dermaßen überhand gewonnen, dass Übergriffe auf Juden als verdienstvoll angesehen würden.[31]Vgl. Elon, Aus einer anderen Zeit, 109f.

Ursachen für das Eingreifen des christlichen Kleinbürgertums in diese Tumulte gibt es viele. Politische Enttäuschung, Hoffnungslosigkeit und Verbitterung nach den Jahren nach den Befreiungskriegen, dürftiges Ergebnis des Wiener Kongresses, Passivität des Bundestages, schwere Wirtschaftskrisen[32]Nach der Aufhebung der Kolonialsperre konnte Handel und Gewerbe mit England nicht mehr mithalten., steigende Brotpreise nach Missernten und dadurch resultierende Armut[33]Vgl. Kampmann, Deutsche und Juden, 160.. Die Unruhen zeigen eindringlich die Verflechtungen von lokalen Anlässen und politisch-sozialen Bedingungen mit historischen Traditionen. Beachtenswer sind die Unterschiede in den deutschen Ländern. Obwohl es in Preußen mehr reiche Juden gab als anderswo, gab es dort kaum Unruhen.

Rühs war ein weiterer geistiger Begründer der deutschen Burschenschaft. Rühs rühmte sich damit, nie mit Juden verkehrt zu haben und kein jüdisches Haus betreten zu haben.

Schon 1815 hatte der Berliner Geschichtsprofessor Friedrich Rühs ein Flugblatt mit dem Titel “Über die Ansprüche der Juden an das deutsche Bürgerrecht” verteilt. Darin teilte er die Ansicht, dass man den Juden keine Bürgerrechte gewähren dürfe und sie in die Schranken weisen und ausstoßen solle. Er bezeichnete die Juden als “geduldetes Volk”,  als Menschen ohne politische Rechte und als ortsansässige Fremde, da Deutschland nicht die Heimat der Juden wäre[34]Vgl. Kirchner (Hg.): Rabbi von Bacherach, S. 51. Ebenso: Kirchner, Heine und das Judentum, 72.. Fries schrieb eine Rezension über Rühs’ Flugblatt  “Über die Gefährdung des Wohlstandes und Charakters der Deutschen durch die Juden”[35]“[…] Nicht, den Juden, unsern Brüdern, sondern der Judenschaft erklären wir den Krieg. […] Die Judenschaft ist ein Ueberbleibsel aus einer ungebildeten Vorzeit, welches man nicht … Continue reading und stimmte darin Rühs’ Meinung nicht nur zu, sondern steigerte durch die Wahl seines Vokabulars die Aggressivität. Er erklärte dem Judentum den Krieg, weil sie rückständig wären. Er bezeichnete das Judentum als “Völkerkrankheit”, die sich wie Schmarotzer am Elend der anderen bereichere. Gleichzeitig nannte er die Juden aber auch Brüder. Hier wird deutlich, dass Fries nicht gegen die Juden als Menschen, sondern gegen das Judentum als Konfession wettere. Seine Forderungen waren:

  • Es soll versucht werden, die Juden zur Emigration zu überreden oder ins Ghetto zu bringen, da er ihnen nur dort Schutz versichern kann. Zudem soll kein Christ in persönliche Abhängigkeit von einem Juden kommen.
  • Jüdische Kinder müssen auf öffentliche christliche Schulen gehen und vor ihrem Ausbildungsabschluss auf ihre Christlichkeit überprüft werden. Zudem müssen sie unterschreiben, dass sie der jüdischen Lehre nicht anhängen.
  • Der Staat soll die Juden nur als Religionspartei und nicht als politische Partei schützen. Außerdem forderte er das mittelalterliche Schutzjudentum und das Judenabzeichen in Form einer “Volksschleife” wieder einzuführen.

Noch weiter geht Hartwig Hundt-Radowsky[36](1780-1835), lernte Jahn und dessen Ideologie kennen und verfasste rachsüchtige, antinapoleonische Kriegslyrik. in seinem Flugblatt “Judenspiegel”: Jüdische Männer sollten entweder kastriert, an Engländer für Indien verkauft oder wegen ihres Spürsinns für Kostbarkeiten als Bergbauarbeiter eingesetzt werden.[37]Vgl. Kirchner (Hg.):  Rabbi von Bacherach, S. 57-59. Hundt-Radowsky empfahl, ihnen den Mund zuzukleben, damit sie nichts stehlen können.. Die jüdischen Frauen dagegen sollten wegen ihrer Schönheit ins Bordell gebracht werden und so die Bordell-Besucher durch den Juden nachgesagten Knoblauch- und Zwiebel-Mundgeruchs zu mehr Sittlichkeit zwingen.[38]Vgl. Sterling, Judenhaß, 69.

Juden in der Burschenschaft bis 1831

Heinrich Heine

Einer der bekanntesten deutschen jüdischen Burschenschafter dieser Zeitspanne ist Heinrich Heine. Er wurde am 13. Dezember 1797 in Düsseldorf als Chaim Heine geboren. Er wuchs in Düsseldorf als Sohn eines Tuchhändlers in einer Zeit auf, als das linksrheinische Deutschland zum napoleonischen Frankreich gehörte. Durch die napoleonischen Gesetze zur Emanzipation der Juden, wuchs er frei auf.[39]Vgl. Elon, Aus einer anderen Zeit. 97. In Bonn, Göttingen und Berlin studierte er Jura und wurde von seinem wohlhabenden Onkel Salomon aus Hamburg finanziert. Heine war nicht sonderlich begeistert, Jura zu studieren.[40]In seinen Memoiren schrieb er: „[…] Sie [Heines Mutter] meinte jetzt, ich müsse durchaus Jurisprudenz studieren. […] Da eben die neue Uni­versität Bonn errichtet worden, wo die … Continue reading Im Wintersemester 1819 schrieb er sich an der Universität in Bonn ein. Aber er hörte kaum juris­tische Studien, sondern viel lieber Geschichte, Literatur und Sprachwissenschaft.[41]Vgl. Hädecke, Heinrich Heine, 113.

Heine schrieb während seiner Bonner Studienzeit sein relativ unbekanntes Theaterstück Almansor, aus dem der viel­zitierte Satz „Das war das Vorspiel nur, dort, wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende auch Menschen.“ stammt.[42]Vgl. Decker, Heinrich Heine, 61.

Heine wurde Mitglied in der Bonner Burschenschaft Alemannia, der etwa die Hälfte aller Bonner Studenten angehörten.[43]Vgl. Kopelew, Ein Dichter kam vom Rhein, 67. Ebenso: Liedtke, Heinrich Heine, 34. Diese gerade neu gegründete Verbindung hatte keine streng burschenschaftliche Ausrichtung.[44]Vgl. Liedtke, Heinrich Heine, 36. Sie bestand nicht auf der christlich-deutschen Ausbildung, sondern auf der Kommunikation der Studenten unterein­ander und so wurde auch der Jude Harry Heine aufgenommen. Heine war kein Aktivist, sondern besuchte nur gelegentlich ihre Treffen.[45]Vgl. Hädecke, Heinrich Heine,  110f. Während einer Burschenversammlung beispielsweise verstand sich die Versammlung als Gericht und forderte schließlich die Todesstrafe für den preußischen König. Heine war darüber entsetzt und diskutierte mit seinen Mitbrüdern. Am Ende stimmte die Mehrheit für die Hinrichtung. Daraufhin sagte Heine, dass er sehr traurig über dieses Urteil sei. Denn wenn man einmal im Namen der Freiheit zu foltern begänne, dann wäre der Anfang meistens leicht, aber das Ende schwer.[46]Zit. nach: Kopelew, Ein Dichter kam vom Rhein, 71f. Wie bei vielen Heine-Zitaten sollte sich seine Befürchtung als wahr herausstellen.

Nach zwei Semestern verließ Heine Bonn, da der Familienrat beschlossen hatte, dass er an der anerkannten Universität in Göttingen weiterstudieren solle. Göttingen war noch wenige Jahre vor Heines Immatrikulation 1820 einer der in Europa angesehensten Universitäten, verlor dann aber stetig mehr den guten Ruf. Als Heine nach einem Fußmarsch von Bonn nach Göttingen dort eintraf, herrschte ein kühles, unpersönli­ches, unkameradschaftliches Klima.[47]Vgl. Hädecke, Heinrich Heine, 122. Heine fühlte er sich von Anfang an in Göttingen sehr unwohl und suchte manch­mal Abwechslung bei der Burschenschaft Guestphalia.[48]Vgl. Hädecke, Heinrich Heine, 187.

An einem Tag aßen Heine und der Studenten Wilhelm Wiebel auf Eutin im „Englischen Hof“ und unterhielten sich über Verschiedenes und schließlich über den „Heidelberger Fall“, der in der Literatur nicht näher erläutert wird. Wenn eine Studentenverbindung eine andere in Verruf bringe, so ist das eine Schweinerei findet Heine, worauf Wiebel antwortete, dass es eine Schweinerei sei, so etwas zu dem Vorgang zu sagen. Heine forderte sich Wiebels Name und Adresse und ließ ihm kurz darauf die Duellforderung zukommen. Duelle waren aber seit einigen Jahren verboten und Spitzel wurden von der Universität gut dafür bezahlt, Duelle zu verraten.[49]Vgl. Hädecke, Heinrich Heine, 124. So erhielten beide Stubenarrest. In dem folgenden Verhör söhnten sich beide aus. Trotzdem erhielt Heine vom Universitätsgericht im Januar 1821[50]Das gesamte Protokoll zur Gerichtsverhandlung ist zu lesen bei Schmidt, Heine in Göttingen, S. 136-143. das Consilium abeundi. Außerdem wurde er wegen einem „Vorgehen gegen die Keuschheit“, einem Bordellbesuch, aus der Burschenschaft ausgeschlossen. Manche Forscher vermuten,  dass es ein Vorwand war. Denn war es zwar verboten, aber unter Studenten durchaus üblich war, ein Bordell zu besuchen. Der wirkliche Grund für den Ausschluss aus der Burschenschaft war wohl  Heines jüdische Religion. Denn Juden war es seit dem geheimen Burschentag am 29. 9. 1820 in Dresden verboten, in Burschenschaften Mitglied zu sein.[51]„Als solches, die kein Vaterland haben und für unseres kein Interesse haben können, nicht aufnahmefähig, außer wenn erwiesen ist, daß sie sich christlich-teutsch für unser Volk ausbilden … Continue reading Nur mit einer Taufe konnte man das Gebot umgehen. Heine war tief verletzt. Wenige Jahre später rechnete er in seinen Reisebildern hart mit Göttingen ab.[52]Vgl. Heine, Reisebilder. Die Harzreise. S. 3. Siehe auch: Heine, Wintermärchen. Caput X, S. 211. Da er an Syphilis erkrankte, musste er Göttingen nicht sofort verlassen.[53]Vgl. Decker, Heinrich Heine, 73.

Heine zog weiter nach Berlin. Am 4. April 1821 trug sich Heine in die Matrikel der Stadt ein und lebte fortan im Berliner Zentrum. Auch hier gefiel es ihm nicht gut. Schuld daran war die harte Zensur seiner Schriften und die preußische Strenge. Ob Heine sich in Berlin auch einer Burschenschaft anschloss ist nicht bekannt, nach den Ereignissen in Göttingen aber unwahrscheinlich. Sein einsemestriges Studium in Berlin verlief ohne bekannte Zwischenfälle. Allerdings schloss er sich dem 1819 als Gegenreaktion zu den Hep-Hep-Unruhen gegründeten „Verein für Cultur und Wissenschaft der Juden“ an und befasste sich mit seiner Religion, obwohl er nie tief religiös war. Aber hier bekam er die Idee für ein Prosa-Stück namens „Der Rabbi von Bacherach“, was anfangs als historischer Roman gedacht war und als Fragment endete.

Noch mehr musste sich Heine nach seiner Promotion 1825 in Göttingen mit dem Judentum auseinandersetzen, da ihm drohte, wegen seiner Religionszugehörigkeit  keine Stelle zu bekommen. Aufgrund einer Verfügung von 1822 wurden Juden von akademischen Lehr- und Schulämtern ausgeschlossen.[54]Siehe § 9 des Emanzipationsediktes: “In wie fern die Juden zu andern öffentlichen Bedienungen und Staats-Aemtern zugelassen werden könne, behalten Wir Uns vor, in der Folge der Zeit, … Continue reading Anlass dazu war die Berufung des Rechtsphilosophen und Gegners der historischen Rechtsschule, Eduard Gans[55](1797-1839), stammte aus einer jüdischen Bankiersfamilie aus dem liberalen, assimilierten Judentum, studierte in Berlin und Göttingen Jura, Philosophie und Geschichte, bekam Einladung als … Continue reading, für eine Professur in Berlin. Gans war Vorsitzender des „Vereins für Cultur und Wissenschaft der Juden“ und ein Freund Heines. Diese neue Regelung wurde kurz vor Beginn der Amtseinführung von Gans in Kraft gesetzt und erhielt die Bezeichnung “Lex Gans”. Gans ließ sich taufen und konnte so den Lehrstuhl doch übernehmen.[56]Vgl. Kampmann, Deutsche und Juden, 166.

Heine plagten in dieser Zeit große Entscheidungsprobleme. Sein Judentum wurzelte in einer tiefen Antipathie gegen das Christentum. Aber er befasste sich mit dem Gedanken, dass er sich irgendwann taufen lassen musste, auch wenn er es nicht wollte.[57]Vgl. Elon, Aus einer anderen Zeit, 127. Auch seine Familie drängte ihn zu diesem Schritt. Im Juni 1825 war es soweit und er ließ sich taufen.

Die Pfarrer bestanden meist darauf, dass man mit der Taufe einen neuen christlichen Vornamen annahm. Aus Harry Heine wurde nun Christian Heinrich Heine. Er bezeichnete später in Prosaaufzeichnungen den Taufzettel als “Entréebillet zur europäischen Kultur”.

Schon kurz nach seiner Taufe bedauerte er diesen Schritt, da sich die erhofften Vorteile nicht einstellten. In einem Brief an seinen Freund und ebenfalls Mitglied des Vereins, Moses Moser, klagte er, dass seine Taufe gar nichts an seiner beruflichen Situation geändert hätte.[58]„Ich bereue es sehr, daß ich mich getauft habe; ich sehe noch gar nicht ein, daß es mir seitdem besser gegangen sei.“ zit. nach: Elon, Aus einer anderen Zeit, 29. Ein Grund dafür, dass er keinen Arbeitsplatz bekam, wird wohl auch seine politische Ansicht gewesen sein. Er fühlte sich immer noch mehr dem Judentum als dem Christentum zugetan. War doch seine Konvertierung nicht aus religiöser Überzeugtheit, sondern aus gesellschaftlicher Hoffnung geschehen. So sagte er, er sei getauft, aber nicht bekehrt.[59]Vgl. Höxter, Quellenbuch zur jüdischen Geschichte, 38. Als der Dichter Graf von Platen ihn öffentlich wegen seiner jüdischen Verbundenheit angriff, machte Heine Platens Homosexualität publik und machte damit von Platen gesellschaftlich unmöglich.

Die Verfechter der christlich-deutschen Ausbildung der Studenten, wie zum Beispiel Jahn, Arndt oder Fries, betrachteten Heine argwöhnisch. Er entsprach ihrem Feindbild: Heine wollte zwar die deutsche Einheit und verfocht sie in seinen Schriften, mochte aber die Franzosen und war ganz und gar kosmopolitisch eingestellt. Er war ein zum Christentum konvertierter Jude, der sich aber weiterhin sich als Jude fühlte. Heine schrieb in seiner sarkastischen Art scharf gegen die „Deutschtümler“.

Zu diesem  Zeitpunkt lebte er schon in Paris, wohin er 1831 vor der preußischen Zensur geflüchtet war. Er arbeitete dort weiterhin als Schriftsteller, aber auch Pariser Korrespondent für die deutsche „Allgemeine Zeitung“.

1832 verschlechterte sich seine Krankheit, die er schon seit seinen Kindheitstagen mit sich trug. Bis heute ist man sich nicht sicher, welches Nervenleiden er hatte, aber es wird bei den meisten Forschern von Multipler Sklerose ausgegangen. Zeitgleich mit dem Ausbruch der Revolution 1848 in Deutschland wurde Heine für die letzten acht Jahre seines Lebens bettlägerig.[60]„Es war im Mai 1848, an dem Tage, wo ich zum letzten Male ausging“ zit. nach: Heine, Romanzero, S. 6. Er selbst bezeichnete diese Phase als „Matratzengruft“. Trotzdem schrieb er bis zu seinem Tod weiter. Er starb am 17. Februar 1856 in Paris.

Felix Mendelssohn Bartholdy

Felix Mendelssohn Bartholdy wurde am 3. Februar 1809 in Hamburg geboren. Er stammte aus einer respektierten, wohlhabenden, jüdischen Familie und war ein Enkel des schon erwähnten berühmten Philosophen Moses Mendelssohn. Moses Mendelssohn starb kurz nach der Geburt seines Sohnes Abraham. Abraham erzog seine Kinder christlich, ließ Felix am 21. März 1816 protestantisch taufen und den Namenszusatz “Bartholdy” anfügen.

1811 zog die Familie wegen der französischen Besetzung nach Berlin zur verwitweten Frau von Moses Mendelssohns, der Großmutter von Felix.

Felix mochte besonders seine Schwester Fanny (*1805). Sie war wie Felix musikalisch hochbegabt. Beide bekamen als 2jähriger bzw. 6jährige 1811 ihren ersten Musikunterricht. 1818 trat Felix als 9jähriger zum ersten Mal in der Öffentlichkeit auf und komponierte in den folgenden drei Jahren über 100 Werke.[61]Vgl. Konold, Felix Mendelssohn Bartholdy, S. 31. 1825 zog er nach Paris, wo er drei berühmte Musiker seiner Zeit traf: Meyerbeer, Rossini und Cherubini.

Nach seinem Studium, über das man nichts genaues erfährt, übernahm er 1832-1835 zahlreiche Reisen nach England, wo er zu Dirigaten eingeladen wurde. 1835 zog Mendelssohn Bartholdy nach Leipzig, unternahm aber weiterhin Reisen nach England. Bei der Heimkehr einer dieser Reisen erreichte ihn die Todesnachricht seiner Schwester Fanny. Daraufhin brach er zusammen, zog sich zurück und machte mehrere Monate in der Schweiz Urlaub. Er erlitt innerhalb einer Woche zwei Schlaganfälle, fiel ins Koma und starb am 4. November 1847.

Die Denk- und Verhaltensweisen bei Mendelssohn Bartholdy und Heine waren verschieden: Heine war bei seiner Taufe bereits erwachsen und ließ sich nur aus gesellschaftlichen Gründen taufen. Mendelssohn Bartholdy hatte nicht diesen Konflikt, da sein Vater ihn früh in der christlichen Lehre unterwiesen hatte. Er hatte in seiner Kindheit wenig mit Theologie und Judentum zu tun. Trotzdem fühlte er sich solidarisch mit Juden. Nicht, weil er als Jude geboren worden war, sondern weil er sich ganz im Stil seines Großvaters als “human denkender aufklärungs-freundlicher, gottesfürchtiger Christ” sah.[62]Vgl. Werner 66f. Ein Zeitgenosse von ihm sagte scherzhaft, dass die Taufe das einzig Jüdische an ihm sei.[63]Vgl. Elon, Aus einer anderen Zeit, 87. Heine war mit Abraham Mendelssohn und seiner Familie gut bekannt, verstand aber  Felix’ Einstellung nicht. Für ihn war es unvorstellbar, dass sich Mendelssohn Bartholdy als Enkel Moses Mendelssohns nicht mehr für die Emanzipation der Juden einsetzte. Dass Felix ganz im Sinne seines Großvaters dachte, verstand er wohl nicht. Heine verehrte Moses Mendelssohn. An Ferdinand Lassalle, einen anderen jüdischen Burschenschafter, schrieb Heine, dass er sich an Mendelssohn Bartholdys Stelle anders verhalten würde, wenn Mendelssohn sein Großvater wäre.

Wenn ich das Glück hätte, ein Enkel von Moses Mendelssohn zu seyn, so würde ich mein Talent nicht dazu hergeben, die Pisse des Lämmleins in Musik zu setzen.[64]Hier spielt Heine darauf an, dass es Mendelssohn Bartholdy nach langem Kampf gelungen war, Bachs nahezu vergessene Matthäus-Passion wiederaufzuführen. Heine fand es seltsam, dass ein Judenjunge den … Continue reading Aber auch wenn Heine Mendelssohn Bartholdys Einstellung nicht einverstanden war, mochte er ihn und verehrte ihn auch etwas.[65]Vgl. Heine, Geständnisse, S. 38.

Aber nicht nur das Christentum bzw. die christliche Musik verhalfen Mendelssohn Bartholdy zu seiner Karriere, sondern auch die Burschenschaft und Nationalbewegung halfen der Familie Mendelssohn Bartholdy beim gesellschaftlichen Aufstieg. Das wurde zu jener Zeit nicht vielen konvertierten Juden zuteil. Mendelssohn Bartholdy schrieb viele Männerchöre, die bei Gesangvereinen und auch Burschenschaftern gut ankamen. Besonders beliebt war “Wer hat dich, du schöner Wald, aufgebaut so hoch da droben” und das so genannte “Lied für die Deutschen in Lyon” (“Was uns eint als deutsche Brüder”).[66]Vgl. Lönnecker, Frühe Burschenschaft und Judentum, 78f.

Friedrich Julius Stahl

Friedrich Julius Stahl wurde am 16. Januar 1802 in Würzburg als Friedrich Julius Jolson geboren. Er wuchs im Haus seines Großvaters, einem Vorsteher der jüdischen Gemeinde München, auf. Er konvertierte in Erlangen unter dem Einfluss des neuhumanistischen Pädagogen und Schulreformers Friedrich Tiersch aus Überzeugung zum Protestantismus und nahm den programmatischen Namen “Stahl” an.

In Würzburg, Heidelberg und Erlangen studierte er Jura. In Würzburg wurde nicht streng nach den Karlsbader Beschlüssen durchgefasst und die Burschenschaften inoffiziell nicht aufgelöst.[67]Wahrscheinlich, weil Kronprinz Ludwig von Bayern Metternich feindlich gesinnt war. Vgl. Masur, Friedrich Julius Stahl, S. 46. Stahl wurde sofort Mitglied in der Burschenschaft und war begeistert vom Leben mit Gleichgesinnten. Hier stand Stahl politisch für den gemäßigten, französischen Liberalismus ein. Durch seine intellektuelle Begabung und sein rhetorisches Talent war er bald in der Gruppe sehr angesehen. Schon im zweiten Semester wurde er Senior, Sprecher der Burschenschaft.[68]Vgl. Masur, Friedrich Julius Stahl, S. 47f.

Am 20. Juli 1820 beging die Würzburger Burschenschaft die Feierlichkeit zu ihrem zweijährigen Stiftsfest und lud die Burschenschaften aus Tübingen und Heidelberg ein.[69]Vgl. Masur, Friedrich Julius Stahl, 50. Kurze Zeit später wechselte Stahl an die Universität in Heidelberg. Heidelberg war der Mittelpunkt der deutschen Romantik. Die Heidelberger Burschenschaft zeigte nationale wie nationalistische Bestrebungen, die sich auch in zwei Burschenschaften schied. Die “Allgemeine Burschenschaft” war eher humanitär-rationalistisch geprägt und nahm auch Ausländer und Nicht-Christen auf und die Burschenschaft um Fries, die streng deutsch-christlichen Idealen nachstrebte. Als Stahl nach Heidelberg kam, gab es dort nur noch die Burschenschaft um Fries. Stahl war in Heidelberg schon so bekannt und gefeiert, dass er noch während seines ersten Semesters zum Senior gewählt wurde. Während seiner Zeit gab es in Heidelberger Burschenschaft eine neue Verfassung, die die christlich-deutsche Ideologie als Grundlage hatte.[70]Vgl. Masur Friedrich Julius Stahl, 54f. Um seine Studien zu vollenden ging er nach Erlangen. Hier veränderte er sich. Aus nicht näher bekannten Gründen wandte er sich stärker dem Christentum und seinen Idealen zu als denen der Burschenschaft.[71]Vgl. Masur, Friedrich Julius Stahl, 62. Er brach mit den burschenschaftlichen Forderungen und trat im Winter 1822 der Erlanger Burschenschaft bei, in der Absicht, sie aufzulösen. Sein politisches System befürwortete einen Gottesstaat mit einem starken, absolutistisch-herrschenden Monarchen, dem die Untertanen dienen müssen.[72]Vgl. Masur,  Friedrich Julius Stahl, 71. Mit den damaligen Forderungen der Burschenschaft nach einer Republik und Absetzung des Königs hinterging man nach Stahls Meinung den Staat. Stahls Absicht, die Burschenschaft aufzulösen, wurde aber verraten und um die wütenden Studenten zu beruhigen, erklärte er, dass die Anschuldigungen nicht stimmten. Die Burschenschafter glaubten ihm. Damit war aber Stahls Plan gescheitert.[73]Vgl. Masur, Friedrich Julius Stahl, 69.

Im Juni 1823 erließ die Polizei in Erlangen Warnungen an die Studenten wegen der eigentlich verbotenen Verbindung. Die Regierung hatte von der Teilnahme Stahls am Streitberger Burschentag erfahren und fahndete nach ihm. Am 16. August verhörten sie Stahl. Bei der Vernehmung gab Stahl zu, in Streitberg gewesen zu sein, leugnete aber, die Namen der Deputierten zu kennen und auch, von einer Uni abgeordnet zu sein. Der Kommissar ordnete die Durchsuchung seiner Wohnung und Beschlagnahmung aller Papiere an. In seinem Zimmer befand sich zu diesem Zeitpunkt ein Brief, aus dem der Fortbestand der Erlanger Burschenschaft hervorgeht. Da man die Tür der Wohnung verschlossen fand, erbot sich Stahl,  von einem Nebenzimmer aus zu öffnen. Er wollte in der Zwischenzeit den Brief beseitigen. Allerdings waren ihm die Polizisten gefolgt und fanden den Brief. Stahl gestand nun auch den Vorbestand der Burschenschaft und verschwieg nichts mehr. Die Polizei löste die Verbindung sofort auf. Stahl verlor wegen daraufhin die Möglichkeit, als Staatsdiener zu arbeiten, was ihn hart traf. Am 27. August 1823 reichte er dem Direktorium der Uni seine Verteidigungsschrift ein mit der Bitte, sie an die höchste Stelle gelangen zu lassen. In dieser Schrift sprach er seine Richter direkt mit moralischen, religiös-ethischen Begründungen und rhetorische Fragen an. Der Ministerialkommissar erstattete am 23. 9. 1823 der Regierung einen Bericht zu Gunsten Stahls . Trotzdem verhängte das Direktorium der Universitäts- und Staatspolizei am 17. Januar 1824 über ihn die Relegation. Der Gnadenersuch an den bayrischen König war teils erfolgreich. Am 20. April war der Urteilsspruch des Königs Relegation auf 2 Jahre bei tadelfreiem Betragen und Nichtbeteiligung an gesetzeswidrigen Verbindungen.[74]Vgl. Masur, Friedrich Julius Stahl, 75f.

Im März 1827 habilitierte er sich und wurde Professor in München, Erlangen und Berlin. In Berlin wurde er der Nachfolger von Eduard Gans. Seine Vorlesungen waren gesellschaftliche Ereignisse, zu denen sich sogar Mitglieder des Königshauses einfanden.[75]Vgl. Elon, Aus einer anderen Zeit, 83. König Friedrich Wilhelm IV. ernannte ihn 1849 zum lebenslangen Mitglied der Ersten Kammer. Damit war er der Führer der reaktionören Bewegung … Continue reading Er wurde eine der prägenden Personen für den Konservatismus in Preußen. Bismarck schrieb von “unserem geliebten  Stahl”.[76]Vgl. Elon, Aus einer anderen Zeit, 184. Stahl nutzte auf kirchlichem Gebiet seine Stellung als Mitglied des evangelischen Oberkirchenrates zur Lockerung der Union, zur Stärkung des Neuluthertums und zur Erneuerung der Herrschaft der Geistlichkeit über die Laienwelt.

Er verfasste zahlreiche religiöse und politische Schriften. Zu seinen Hauptwerken gehörte “Die Philosophie des Rechts” (1830-37). Er forderte die Anerkennung einer göttlichen Ordnung und einer darauf aufbauenden Staatsform. Am liebsten die konstitutionelle Monarchie. Er wurde so auf religiösem Gebiet strengster Verkünder des christlichen Offenbarungsglauben und auf politischem Gebiet glühendster Verfechter des Legitimitätsprinzips.

In seinem Werk “Der christliche Staat” argumentierte er, dass es der göttlichen Ordnung widerspreche, wenn Juden Führungspositionen einnahmen. Das verwundert, da er selbst als Jude geboren wurde. Jedoch muss man bedenken, dass Stahl als Junge “missioniert” wurde und aus echter Überzeugung zum protestantischen Glauben übergetreten war und nicht wie andere aus gesellschaftlichen Gründen. Seiner Meinung nach sollten die Juden volle bürgerliche, jedoch keine politischen Rechte erhalten. Politische Entschlossenheit erfordere einen autoritären Staat und keine Demokratie. Ausgerechnet seine Lehren von christlichen Staaten schürten den Antijudaismus.[77]Vgl. Lönnecker, Frühe Burschenschaft und Judentum, 78. So ist es auch nicht verwunderlich, das Stahl 1848 mit Beginn der Revolution aus der Hauptstadt floh. Seiner Meinung nach half nur das Christentum gegen die Revolution.

Der Gedanke an ein vereintes Deutschland war ihm erst in der Burschenschaft gekommen. Doch schien er es völlig vergessen oder verdrängt zu haben, weil er nun die Burschenschaft keineswegs mehr schätzte.[78]Vgl. Masur, Friedrich Julius Stahl, 78. Nun predigte er die Tugend der Tradition, die Unfehlbarkeit der christlichen Lehre und das Recht des Monarchen, unumschränkt zu herrschen. Die Aufklärung war für ihn deshalb ein Übel, weil sie die göttliche Ordnung von Kirche und Thron zerstört habe[79]Vgl. Elon, Aus einer anderen Zeit, 183.. Er starb schließlich am 10. August 1861 in Bad Brückenau.

Juden in der Burschenschaft ab 1831

Ludwig Bamberger

Ludwig Bamberger wurde am 22. Juli 1823 in Mainz als Sohn einer jüdischen Bankiersfamilie geboren.[80]Im Mainzer Archiv findet man unter der Signatur “ZGS / A-E, Bamberger” Zeitungsartikel mit dem Lebenslauf und dem Stammbaum Bambergers. Mainz war die erste Republik auf deutschem Boden, gegründet von französischen Jakobinern 1793. Die jüdische Gemeinde, die sich hier über die Jahrhunderte angesiedelt hatte, spürte auch nach Ende des napoleonischen Regimes noch die positiven französischen Einflüsse. Ihre soziale Lage hatte sich seitdem nicht verschlechtert.

Bamberger studierte in Mainz und Heidelberg Jura. In Heidelberg war er sehr beliebt, auch war er politisch sehr engagiert. Religionen allerdings waren ihm gleichgültig. Er hatte das Glück, etwas später als Heine geboren zu sein, da sich die Burschenschaften 1831 wieder für Juden geöffnet hatten und die Juden nicht mehr so sehr wie die in den 1820er und 1830er Jahren eingeengt wurden. Er war Mitglied in der Burschenschaft Wallhalla.

Am Morgen des 25. Februar 1848, kurz nach Bambergers Promotion, erreichte ihn die Nachricht einer erneuten französischen Revolution. Mit ein paar Freunden fuhr er mit dem nächsten Zug nach Paris und mischte sich unter das Treiben auf den Pariser Straßen. Bald jedoch bekamen Bamberger und seine Kommilitonen Zweifel und Angst um ihre beruflichen Chancen im Deutschen Bund, falls sie in Paris erkannt werden würden. So fuhren sie wieder zurück nach Heidelberg. Bei einem Umsteigestopp in Karlsruhe erfuhren sie, dass auch in Karlsruhe die Revolution ausgebrochen war. Die Unruhen breiteten sich auf Heidelberg aus. Auch dort forderte man nun auch in Heidelberg allgemeines Stimmrecht, Pressefreiheit und ein gesamtdeutsches Parlament.

Bamberger ging zurück in seine Heimatstadt Mainz, wo eine Woche nach den Märzunruhen in Berlin die Revolution ausbrach. Er wurde neuer Redakteur bei der Allgemeinen Zeitung und rief in ihr dazu auf, sich der Bewegung anzuschließen. Bamberger wurde in Mainz als großer Redner und Kolumnist als “roter Ludwig”  bekannt und von den Gleichgesinnten verehrt.[81] Vgl. Elon, Aus einer anderen Zeit, 153f. Auch als einer der Anführer der radikalen Demokraten machte er sich einen Namen. Schließlich gewährte der Großherzog von Hessen-Darmstadt die geforderten Rechte: Versammlungs- und Petitionsfreiheit, Pressefreiheit, Abschaffung verschiedener polizeilicher Vorschriften inklusive des Verbotes, in der Öffentlichkeit Pfeife zu rauchen.[82]Vgl. Elon, Aus einer anderen Zeit, 165. Nach dem Scheitern der Frankfurter Nationalversammlung war Bamberger zutiefst enttäuscht, verließ die Mainzer Zeitung und reiste dem Rumpfparlament nach. Als auch dieses scheiterte, ging er in die Schweiz. In den deutschen Ländern wurde er in Abwesenheit zuerst zu einer Zuchthausstrafe und 1852 zu Tode verurteilt. In der Schweiz machte er als Bankier Karriere. 1856 lernte er wenige Monate vor dessen Tod den todkranken Heine in Paris kennen.[83]Vgl. Elon, Aus einer anderen Zeit, 186f.

Als 1867 der Großherzog von Hessen-Darmstadt eine Amnestie für die Veteranen von 1848 erließ und Hessen-Darmstadt Mitglied im norddeutschen Bund wurde, zog Bamberger zurück nach Mainz. Hier stürzte er sich sofort wieder in die Politik, trat der Nationalliberalen Partei bei und wurde ins Zollparlament gewählt.[84]Vgl. Elon, Aus einer anderen Zeit, 192. Er war ein energischer Vertreter der Währungsunion und 1869/70 an der Gründung der Deutschen Bank beteiligt. Ein Jahr später wurde er persönlicher Berater Otto von Bismarcks. Nach dem preußischen Sieg 1871 über Frankreich empfahl der frankophile Bamberger, die Franzosen im Sinne einer schnellen Aussöhnung nicht zu sehr zu brüskieren. Ob der Missachtung war er sehr entsetzt.[85]Vgl. Elon, Aus einer anderen Zeit, 195. 1871-1893 war er Mitglied des Reichstages als Abgeordneter des Wahlkreises Bingen-Alzey, den er als führendes Mitglied der nationalliberalen Fraktion meist sicher gewann, obwohl er wegen seiner Konfession oft angefeindet wurde. So z. B. von dem Antisemiten und seinem zeitweisen Fraktionskollegen Heinrich von Treitschke.[/fn]Vgl. Elon, Aus einer anderen Zeit, 105. Ludwig Bamberger starb am 14. März 1899 in Berlin.

Berthold Auerbach

Berthold Auerbach wurde am 28. Dezember 1812 als Moses Baruch Auerbacher in Nordstetten[86]Heute Horb am Neckar. als Sohn eines Händlers geboren. Er besuchte die 1822 in Nordstetten eröffnete jüdische Gemeindeschule, da er nach dem Vorbild seines Großvaters ebenfalls Rabbiner werden sollte. Nach seiner Bar Mitzwa 1825 ging er auf die Talmudschule in Hechingen[87]Ich verbrachte dort ein trauriges Stück Leben.“, zit. nach Scheuffelen, Berthold Auerbach, 30. und wechselte 1827 nach Karlsruhe auf die Rabbinerschule. Die finanzielle Lage seiner Familie nach dem Tod seines Großvaters wurde so desolat, dass sie das Schulgeld für die Talmudschule nicht mehr bezahlen konnten. In Karlsruhe wohnte er bei seinem Onkel und begann eine lebenslange Freundschaft zu seinem entfernten Verwandten Jacob Auerbach (1810-1887) aus Emmendingen. 1830 wechselte er an das Obere Gymnasium nach Stuttgart und stand der verbotenen Schüler- und Studentenverbindung Amicitia nahe. Ab 1832 studierte er ein Semester Jura, dann Philosophie in Tübingen und wird Mitglied bei der Burschenschaft Germania. Er war von der Einheitsbewegung begeistert. So sagte er:

Ich bin Deutscher und kann nichts anderes sein. Ich bin Schwabe und will nichts anderes sein. Ich bin Jude. All das zusammen gibt die richtige Mischung.[88]Zit. nach: Elon, Aus einer anderen Zeit, 169.

1833 immatrikulierte er in München, da ihm der politische Druck in Tübingen zu arg wurde.[89]Vgl. Scheuffelen, Berthold Auerbach, 31f. Doch blieb er bei der Germania weiterhin Mitglied und feierte mit ihnen am 22. Juni 1833. In der darauffolgenden Nacht wurde er wegen staatsfeindlicher Umtriebe als radikal-liberaler Burschenschafter verhaftet und auf die Polizeiwache mitgenommen. Am 24. Juni wurde er aus der Haft entlassen, aber ins obergerichtliche Gefängnis[90]Wurde “Demagogenherberge” genannt, da dort fast nur verurteilte Burschenschafter saßen. in Tübingen versetzt, wo noch andere Burschenschafter saßen.[91]Vgl. Scheuffelen, Berthold Auerbach, 34. Daraufhin zwangsexmatrikulierte ihn die Universität München, allerdings durfte er in Heidelberg sein Studium abschließen.[92]Vgl. Scheuffelen, Berthold Auerbach, 29. Im Spätherbst 1835 bereitete er sich auf sein Rabbinerexamen vor, wurde dann aber wegen “der veralteten und doch nicht antiquierten Demagogengeschichte”[93]Zit. Nach: Scheuffelen, Berthold Auerbach, 40. nicht zu gelassen und wandte sich der Schriftstellerei zu. Er schrieb Artikel für die Zeitung “Europa”.[94]Vgl. Scheuffelen, Berthold Auerbach, 40.

Am 12. Dezember 1836 kam es zur “Erledigung der Untersuchungssache gegen die Mitglieder der Tübinger Burschenschaft wegen Verdachts einer hochverrätherischen Verbrüderlichkeit”. Auerbach wurde zu zwei Monaten Festungshaft verurteilt, die er vom 8. Januar bis 8. März 1837 absaß. Danach kehrte er nach Stuttgart zurück.[95]Vgl. Scheuffelen, Berthold Auerbach, 42.

Als Schriftsteller erreichte er 1843 seinen Durchbruch mit den “Schwarzwälder Dorfgeschichten” und beeinflusste damit u. a. auch Balzac, Turgenjew und Tolstoi. Als 1848 die Revolution durch Deutschland zog, hielt er sich in Heidelberg auf und freute sich riesig über den Ausbruch.

Er hatte lange keine Probleme mit Anfeindungen, obwohl er nicht konvertierte. Diesen außergewöhnlichen Status genoss er sehr.[96]Vgl. Elon, Aus einer anderen Zeit, 171f. Noch in den 1870er Jahren erklärte er, dass die Integration der Juden nun eine unumstößliche Sache wäre.[97]Vgl. Elon, Aus einer anderen Zeit, 209. Aber diese Freude wurde ihm allerdings bald genommen. Seine Lebensweisheit “Die Juden sind Kinder des Mitleids. Sie verstehen, Leid zu tragen, zu lindern, weit besser, als Freude zu schaffen.”[98]Zit. nach: Wolbe, Lebensweisheiten … Auerbachs, 17. brauchte er im Alter. 1880 berichtete er weinend einem Freund, dann man ihm “Hep-Hep” nachrufen hätte. Und das, wo er sein ganzes Leben für das deutsche Volk gearbeitet hätte und er niemandem mit seinem Patriotismus nachstehe.[99]Vgl. Elon, Aus einer anderen Zeit, 219.

“Auerbach, über Nacht gealtert, ‘ein kranker, lebensmüder, gebrochener Greis, gelb und trocken die Haut, die Augen glanzlos’, wurde immer verzweifelter. Am 22. November 1880 verbrachte er den Nachmittag auf der Besuchertribüne des preußischen Abgeordnetenhauses, das über einen Antrag auf Rücknahme des Gleichstellungsgesetzes diskutierte. Niedergeschlagen kehrte Auerbach nach Hause zurück. Seine Verzweiflung und das, was zwei Generationen später die Tragödie aller deutschen Bürger jüdischen Glaubens werden sollte, resümierte er tags darauf in dem Satz: ‘Vergebens gelebt und gearbeitet!’.[100]Zit. nach: Elon, Aus einer anderen Zeit, 220.

Schluss

Der Judenhass des frühen 19. Jahrhunderts war nicht wie im Mittelalter Ergebnis auf Unwissenheit begründet, sondern von wachsender Vertrautheit. Er richtete sich nicht gegen fremd wirkende Traditionalisten, sondern gegen die assimilierte jüdische Mittelschicht. Früher hatten die Menschen Furcht und manchmal blinden Hass gegen die unbekannte, geheimnisvolle Gemeinschaft. Nun empfand man Antipathie gegenüber einem Volk, das nun selbst Deutsch schrieb und sprach und das zu kennen man zutiefst überzeugt war. Aber es schien ihnen nur so.

In Realität war es eine extreme Form der Romantik, die sich in erster Linie gegen alles aus der Epoche der Aufklärung wehrte und das Christentum als deutsche “Staatsreligion” verstand und damit das Judentum in Deutschland nicht überlebensfähig machte. Aber sie richtete sich immer noch gegen das Judentum als Religion und Glaubensgrundsatz, nicht gegen die Juden als Menschen.

Diese extreme Meinung war allerdings nicht überall zu finden, sondern nur vereinzelt bei bestimmten Burschenschaften. Andere Burschenschaften spürten einen Zwang und zogen nach. Aber nicht aus Überzeugtheit, sondern aus “Mitläuferzwang”. Natürlich gab es dennoch einige sehr radikale Burschenschaften, wie die schon beschriebenen Jenaer Unbedingten und Gießener “Schwarzen”, um die sehr puritanischen Brüder Follen, der in Christus sein Vorbild sah und genauso rein und konsequent, wie er sein wollte. Hier manifestierte sich die Trennung zwischen aufgeschlosseneren “Arminen” und extrem nationalen “Germanen”.

Diese Arbeit soll mit dem Vorurteil aufräumen, Juden wären im frühen 19. Jahrhundert in Burschenschaften nicht   willkommen gewesen, denn das kann man so pauschal nicht sagen.

Juden konnten sicher durch Assimilation in manche Burschenschaften schon vor 1831 eintreten. Viele deutsche Juden, meist aus dem Bürgertum, konvertierten in dieser Zeit oft aus eigenem Antrieb aus meist pragmatischen Gründen zum Christentum. Der Taufakt geschah wie bei Heine und Gans eher beiläufig. Meist konvertieren nicht-praktizierende Juden und wurden zu nicht-praktizierenden Christen. Aber die Religion anzunehmen war eine Möglichkeit, seine politische Identität zu beweisen. Nur die aufgeklärten Christen erwarteten von den Konvertiten nicht, dass sie tatsächlich an die Dogmen glaubten, an die sie selbst nicht mehr glaubten. Andere Gründe waren das Stigma des „dreckigen Juden“ loszuwerden, in den Staatsdienst aufgenommen zu werden oder überhaupt eine berufliche Chance zu erhalten. Dieses ist bei Heinrich Heines Leben zu beobachten.

Felix Mendelssohn Bartholdy bekam von dem Judenhass wenig mit, da ihn sein Vater früh taufen ließ und ihn auch christlich erzog. Auf Grund seines aufklärerischen Gedankengutes fühlte er aber mit dem Schicksal der Juden mit. Anders Friedrich Julius Stahl, der in seinem späteren Leben aus christlicher Überzeugtheit gegen die Juden und auch die Burschenschaften wetterte, obwohl er beiden einmal angehört hatte.

1831 wurden Burschenschaften dann wieder zugelassen, wo von auch Bamberger und Auerbach sehr profitierten. Sie hatten in ihrer Studienzeit keine großen Probleme zu beweisen, dass sie auch für die deutsche Einheit kämpfen. Erst in den 1880er Jahren, als die Emanzipation schlagartig umkippte und der Antisemitismus geboren wurde, spürten auch sie, wozu Judenhass möglich war und verzweifelten daran. Wie wäre die Emanzipation von 1812 ausgegangen, wenn sie eins oder zwei Generationen früher zur Zeit Moses Mendelssohns proklamiert worden wäre?

Es war fatal für die Juden, dass es in die Zeit des heraufkommenden Nationalismus fiel, der Deutschland für 100 Jahre beeinflusste.

Quellen- und Literaturverzeichnis

Quellenverzeichnis

  • Mainzer Stadtarchiv, Signatur ZGS / A-E, Bamberger.
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  • Heine, Heinrich: Almansor. In: o. N. (Hg.): H. Heines sämmtliche Werke. Hamburg 1884. Vierter Band. S. 3.
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  • Heine, Heinrich: Deutschland. Ein Wintermärchen. In: o. N. (Hg.): H. Heines sämmtliche Werke. Hamburg 1884. Zweiter Band. S. 189.
  • Heine, Heinrich: Romanzero. In: o. N. (Hg.): H. Heines sämmtliche Werke. Dritter Band. Hamburg 1884. S. 3.
  • Heine, Heinrich: Geständnisse. In: o. N. (Hg.): H. Heines sämmtliche Werke. Hamburg 1884. Achter Band. S. 3.

Literaturverzeichnis

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Fußnoten

Fußnoten
1 Vgl. Heine, Rabbi von Bacherach, S. 15.
2 Werke, die nicht in Jiddisch geschrieben waren, waren jedoch damals Juden verboten zu lesen, da sie als „verderblich“ angesehen wurden.  Aber Mendelssohn hatte Glück und ebenso weltoffene Unterstützer.
3 Vgl. Kampmann, Deutsche und Juden, 100.
4 Vgl. Czermak, Christen gegen Juden, 118.
5 Der Begriff Antisemitismus, der den Hass gegen die jüdische Rasse beschreibt und in den 1880er Jahren erst geprägt wurde, war hier nicht der Auslöser. Und dennoch wurde hier die Wiege für ihn gelegt.
6 Vgl. Kampmann, Deutsche und Juden, 134.
7 Vgl. Czermak, Christen gegen Juden, 117.
8 (1781-1831), Jurastudium. Publizist, viele Reisen. Brachte  mit Brentano “Des Knaben Wunderhorn” heraus.
9 Mit “Philister” sind in der Sprache der Studentenverbindung die “Alten Herren” gemeint, also ehemalig Aktive in einer Verbindung.
10 Vgl. Elon, Aus einer anderen Zeit, 104.
11 (1762-1814), Professor für Philosophie. Erster Rektor an der neugegründeten Humboldt-Universität in Berlin.
12, 14 Vgl. Sterling, Judenhaß, 148.
13 (1778-1852), erlagte als Schüler und Student keinen Abschluss. Gründer der Turnbewegung und damit verbunden des schulischen Turnunterrichtes. Wurde in Verbindung mit den Karlsbader Beschüssen sechs Jahre inhaftiert, 1848 in die Frankfurter Nationalversammlung gewählt und zog sich dann aus dem öffentlichen Leben zurück. Motto: “Haß alles Fremden ist des Ddeutschen Pflicht.”
15 (1769-1860), studierte evangelische Theologie, Geschichte, Erd- und Völkerkunde, Sprachen und Naturwissenschaften und war Professor in Greifswald und Bonn. Wurde allerdings zeitweise wegen seiner antifranzösischen Propaganda und den Karlsbader Beschlüssen verfolgt. Erst 1840 als 71jähriger rehabilitiert, lehrte er bis ins hohe Alter. War 1848 Abgeordneter in die Frankfurter Nationalversammlung.[/fn| war wie Jahn ein Juden- und Franzosen-Hasser. Die Nationalsozialisten sahen ihn 100 Jahre später als ihren Wegbereiter an. Wie Jahn kämpfte er gegen die Leibeigenschaft und für die Mobilisierung gegen Napoleon. Dafür wollte er Nationalgefühle wecken. Seine Schriften waren nicht nur Anregungen für die Gründung der Burschenschaften, sondern auch des Wingolf-Bundes.[fn]Der Wingolfbund ist eine christliche, nicht schlagende, aber farbentragende Studentenverbindung.
16 (1773-1843), Professor für Philosophie. Zeitweise wegen Konakt zur burschenschaftlichen Bewegung entlassen.
17 Vgl. Sterling, Judenhaß, 119.
18, 20 Vgl. Sterling,  Judenhaß, 148.
19 Vgl. Kampmann, Deutsche und Juden, 156f.
21 Veröffentlichte 1815 seine Schrift mit dem programmatischen Namen “Germanomanie” und verurteilte darin Nationalismus und Deutschtümelei Germanomanie” war eine abwertende Bezeichnung für deutschen Nationalismus und Patriotismus mit Ablehung der anderen und Herofizierung der eigenen Kultur.
22 Zit. nach: Heine, Almansor, S. 10.
23 Vgl. Kampmann, Deutsche und Juden, 155.
24 Verbot der Burschenschaftem, Überwachung der Universitäten, Pressezensur, Entlassung und Berufsverbot für liberal und national gesinnte Professoren, Exekutionsordnung, Universitätsgesetz, Preßgesetz und Untersuchungsgesetz.
25 Abkürzung für “Hierosolyma est perdita”: Jerusalem ist verloren. Der Ruf soll auf einen Schlachtruf von römischen Soldaten während der Belagerung Jerusalems im Jahr 70  zurückgehen. Anderen Quellen  zufolge stammt er aus der Zeit der Kreuzzüge bei den antijudaischen Progromen im Rheinland. Das lateinische Wort lässt vermuten, dass gebildete Menschen hinter den Krawallen standen. Die Initiatoren waren meist “ehrenwertrte” Bürger, Studenten und Professoren.
26 Vgl. Elon, Aus einer anderen Zeit, 108f.
27, 33 Vgl. Kampmann, Deutsche und Juden, 160.
28 Vgl. Graetz, Geschichte der Juden, 334 und Elon, Aus einer anderen Zeit, 108.
29 Vgl. Elon, Aus einer anderen Zeit, 111.
30 Vgl. Graetz, Geschichte der Juden, 335.
31 Vgl. Elon, Aus einer anderen Zeit, 109f.
32 Nach der Aufhebung der Kolonialsperre konnte Handel und Gewerbe mit England nicht mehr mithalten.
34 Vgl. Kirchner (Hg.): Rabbi von Bacherach, S. 51. Ebenso: Kirchner, Heine und das Judentum, 72.
35 “[…] Nicht, den Juden, unsern Brüdern, sondern der Judenschaft erklären wir den Krieg. […] Die Judenschaft ist ein Ueberbleibsel aus einer ungebildeten Vorzeit, welches man nicht beschränken, sondern ganz ausrotten soll. Die bürgerliche Lage der Juden verbessern heißt eben das Judenthum auszurotten, die Gesellschaft prellsüchtiger Trödler.” Zit. nach: Kirchner, Rabbi von Bacherach, S. 52-56.
36 (1780-1835), lernte Jahn und dessen Ideologie kennen und verfasste rachsüchtige, antinapoleonische Kriegslyrik.
37 Vgl. Kirchner (Hg.):  Rabbi von Bacherach, S. 57-59. Hundt-Radowsky empfahl, ihnen den Mund zuzukleben, damit sie nichts stehlen können.
38 Vgl. Sterling, Judenhaß, 69.
39 Vgl. Elon, Aus einer anderen Zeit. 97.
40 In seinen Memoiren schrieb er: „[…] Sie [Heines Mutter] meinte jetzt, ich müsse durchaus Jurisprudenz studieren. […] Da eben die neue Uni­versität Bonn errichtet worden, wo die juristische Fakultät von den berühmtesten Professoren besetzt war, schickte mich meine Mutter unver­züglich nach Bonn.“ zit. nach: Kruse, “Ich Narr des Glücks”, S. 99.
41 Vgl. Hädecke, Heinrich Heine, 113.
42 Vgl. Decker, Heinrich Heine, 61.
43 Vgl. Kopelew, Ein Dichter kam vom Rhein, 67. Ebenso: Liedtke, Heinrich Heine, 34.
44 Vgl. Liedtke, Heinrich Heine, 36.
45 Vgl. Hädecke, Heinrich Heine,  110f.
46 Zit. nach: Kopelew, Ein Dichter kam vom Rhein, 71f.
47 Vgl. Hädecke, Heinrich Heine, 122.
48 Vgl. Hädecke, Heinrich Heine, 187.
49 Vgl. Hädecke, Heinrich Heine, 124.
50 Das gesamte Protokoll zur Gerichtsverhandlung ist zu lesen bei Schmidt, Heine in Göttingen, S. 136-143.
51 „Als solches, die kein Vaterland haben und für unseres kein Interesse haben können, nicht aufnahmefähig, außer wenn erwiesen ist, daß sie sich christlich-teutsch für unser Volk ausbilden lassen wollen.“ zit. nach: Hädecke, Heinrich Heine, 124f.
52 Vgl. Heine, Reisebilder. Die Harzreise. S. 3. Siehe auch: Heine, Wintermärchen. Caput X, S. 211.
53 Vgl. Decker, Heinrich Heine, 73.
54 Siehe § 9 des Emanzipationsediktes: “In wie fern die Juden zu andern öffentlichen Bedienungen und Staats-Aemtern zugelassen werden könne, behalten Wir Uns vor, in der Folge der Zeit, gesetzlich zu bestimmen.“ zit. nach: Huber, Dokumente, S.  49.
55 (1797-1839), stammte aus einer jüdischen Bankiersfamilie aus dem liberalen, assimilierten Judentum, studierte in Berlin und Göttingen Jura, Philosophie und Geschichte, bekam Einladung als Hochschulprofessor als besonders fähiger Akademiker für die Universität Berlin. Als Professor empfing er studentische Fackelzüge und organisierte Unterschriftsaktionen für die sieben entlassenen Göttinger Professoren, den “Göttinger Sieben”. Er sah die Französische Revolution als entscheidenden Wendepunkt in der europäischen Geschichte und die Juli-Revolution 1830 als notwendige Entwicklung im Sinne des liberalen Bürgertums. Sein Staatsideal war das eines preußischen Staates als konstitu­tioneller Monarchie unter Führung eines aufgeklärten, starken Souveräns. Sein größter akademischer Widersacher war von Savigny.
56 Vgl. Kampmann, Deutsche und Juden, 166.
57 Vgl. Elon, Aus einer anderen Zeit, 127.
58 „Ich bereue es sehr, daß ich mich getauft habe; ich sehe noch gar nicht ein, daß es mir seitdem besser gegangen sei.“ zit. nach: Elon, Aus einer anderen Zeit, 29.
59 Vgl. Höxter, Quellenbuch zur jüdischen Geschichte, 38.
60 „Es war im Mai 1848, an dem Tage, wo ich zum letzten Male ausging“ zit. nach: Heine, Romanzero, S. 6.
61 Vgl. Konold, Felix Mendelssohn Bartholdy, S. 31.
62 Vgl. Werner 66f.
63 Vgl. Elon, Aus einer anderen Zeit, 87.
64 Hier spielt Heine darauf an, dass es Mendelssohn Bartholdy nach langem Kampf gelungen war, Bachs nahezu vergessene Matthäus-Passion wiederaufzuführen. Heine fand es seltsam, dass ein Judenjunge den Leuten die bedeutenste christliche Musik wiederbringen müsse. Er war aber bei der Uraufführung anwesend.
65 Vgl. Heine, Geständnisse, S. 38.
66 Vgl. Lönnecker, Frühe Burschenschaft und Judentum, 78f.
67 Wahrscheinlich, weil Kronprinz Ludwig von Bayern Metternich feindlich gesinnt war. Vgl. Masur, Friedrich Julius Stahl, S. 46.
68 Vgl. Masur, Friedrich Julius Stahl, S. 47f.
69 Vgl. Masur, Friedrich Julius Stahl, 50.
70 Vgl. Masur Friedrich Julius Stahl, 54f.
71 Vgl. Masur, Friedrich Julius Stahl, 62.
72 Vgl. Masur,  Friedrich Julius Stahl, 71.
73 Vgl. Masur, Friedrich Julius Stahl, 69.
74 Vgl. Masur, Friedrich Julius Stahl, 75f.
75 Vgl. Elon, Aus einer anderen Zeit, 83.

König Friedrich Wilhelm IV. ernannte ihn 1849 zum lebenslangen Mitglied der Ersten Kammer. Damit war er der Führer der reaktionören Bewegung Preußens.[fn]Vgl. Scheuffeler, Berthold Auerbach, 27.

76 Vgl. Elon, Aus einer anderen Zeit, 184.
77 Vgl. Lönnecker, Frühe Burschenschaft und Judentum, 78.
78 Vgl. Masur, Friedrich Julius Stahl, 78.
79 Vgl. Elon, Aus einer anderen Zeit, 183.
80 Im Mainzer Archiv findet man unter der Signatur “ZGS / A-E, Bamberger” Zeitungsartikel mit dem Lebenslauf und dem Stammbaum Bambergers.
81 Vgl. Elon, Aus einer anderen Zeit, 153f.
82 Vgl. Elon, Aus einer anderen Zeit, 165.
83 Vgl. Elon, Aus einer anderen Zeit, 186f.
84 Vgl. Elon, Aus einer anderen Zeit, 192.
85 Vgl. Elon, Aus einer anderen Zeit, 195.
86 Heute Horb am Neckar.
87 Ich verbrachte dort ein trauriges Stück Leben.“, zit. nach Scheuffelen, Berthold Auerbach, 30.
88 Zit. nach: Elon, Aus einer anderen Zeit, 169.
89 Vgl. Scheuffelen, Berthold Auerbach, 31f.
90 Wurde “Demagogenherberge” genannt, da dort fast nur verurteilte Burschenschafter saßen.
91 Vgl. Scheuffelen, Berthold Auerbach, 34.
92 Vgl. Scheuffelen, Berthold Auerbach, 29.
93 Zit. Nach: Scheuffelen, Berthold Auerbach, 40.
94 Vgl. Scheuffelen, Berthold Auerbach, 40.
95 Vgl. Scheuffelen, Berthold Auerbach, 42.
96 Vgl. Elon, Aus einer anderen Zeit, 171f.
97 Vgl. Elon, Aus einer anderen Zeit, 209.
98 Zit. nach: Wolbe, Lebensweisheiten … Auerbachs, 17.
99 Vgl. Elon, Aus einer anderen Zeit, 219.
100 Zit. nach: Elon, Aus einer anderen Zeit, 220.